In den nächsten Monaten wird sich die deutsche Hochschullandschaft verändern. Schon seit Jahren war nichts mehr von Eliteuniversitäten zu hören, doch seit dem 1. Januar gibt es einen neuen Anfang. Jetzt soll mit 533 Millionen Euro jährlich gefördert werden, zweimal sieben Jahre lang; 385 Millionen Euro für die Cluster und 148 Millionen für die Exzellenzuniversitäten. Doch wer das Geld bekommt, wird erst am 19. Juli entschieden.
Bisher gab es einen heißen Wettkampf um die Förderung, wissenschaftlich wie auch politisch. Von 88 Förderanträgen wurden 57 Exzellenzcluster ausgewählt. Diese Cluster, Fakultäten und Forschungsprojekte, verteilen sich auf 17 Universitäten und zwei weitere Universitätsverbünde. Ziel der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder ist die „Stärkung der Spitzenforschung an den Universitäten in Deutschland“, wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erklärt.
Bayern hat bei der Bewerbung weniger gut als erwartet abgeschnitten, die ostdeutschen Länder kommen kaum vor. Berlin, Hamburg und Bonn liegen weit vorn. Dabei haben sich die Natur- und Ingenieurwissenschaften als Sieger erwiesen, die Geistes- und Sozialwissenschaften sind eher abgeschlagen. Von theologischen Fakultäten war nicht die Rede. Universitäten in Stuttgart, Kiel, Tübingen, Aachen, Freiburg, München, Heidelberg, Konstanz, Dresden, Braunschweig, Münster, Karlsruhe können auf den Titel Exzellenzuniversität hoffen, daneben auch die Verbünde FU Berlin. Humboldt-Universität Berlin mit der Charité und TU Berlin, sowie die Universität Hannover mit der Medizinischen Hochschule Hannover. Doch wie kam diese folgenreiche Weichenstellung in der Hochschulpolitik zustande? Da standen sich die politischen Auffassungen in CDU und SPD gegenüber. Die SPD wollte Universitäten in den von ihr geführten Bundesländern fördern, vor allem wollte sie weniger Förderfälle, diejenigen aber mit mehr Geld.
Die CDU unter Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat dagegen eine andere Strategie verfolgt und diese letztlich auch durchgesetzt. Die Union erreichte, dass die Förderung breiter gestreut wurde und dass es nun für die jeweiligen Cluster weniger gibt. Denn die 385 Millionen Euro Fördergeld sind nicht verhandelbar. Zumindest will die Ministerin nicht mehr ausgeben und hatte die Forderung der Ministerpräsidentenkonferenz zurückgewiesen. Die Bundesländer würden mehr Geld aufbringen, wenn der Bund einverstanden ist. Bis jetzt ist vereinbart, dass der Bund 75 Prozent der Kosten übernimmt und das Bundesland, in dem Cluster vertreten sind, 25 Prozent.
Es profitieren vor allem die grün und schwarz regierten Wissenschaftsministerien in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Karliczek sieht die Exzellenz in der Breite der Cluster, nicht in der Konzentration. Letztere gibt es nur bei den Bundesländern, denn es sind nur wenige, die Cluster auf sich vereinigen können. Bundesforschungsministerin Karliczek war schon im vergangenen Jahr optimistisch: „Die wissenschaftlichen Durchbrüche der Exzellenzcluster werden Deutschland in den nächsten Jahren weiter voranbringen.“
Man soll also Großes erwarten. Aber Harvards oder Princetons wird es auch weiterhin in Deutschland nicht geben, weil echte Elite gar nicht gewollt ist. Das zeigt sich schon am Verbund in Berlin, wo sich die vier für sich starken Teile nochmals zusammengeschlossen haben, um auf jeden Fall unter die Gewinner zu kommen. Nur Universitäten, die mindestens zwei Cluster mit der Bewertung Grün schafften, werden gefördert. Doch zwei Forschungsschwerpunkte machen eigentlich noch keine Eliteuniversität aus. Zumal es dann fast nur um Naturwissenschaften geht. Aber das ist politisch gewollt.
Das naturwissenschaftliche Denken soll den Vorrang haben vor allem, was kulturell relevant ist. So wird dieses Denken zum Maßstab, letztlich auch für die Beurteilung des Menschen nach neuesten naturwissenschaftlichen Techniken. Gültig für den Schutz des menschlichen Lebens sind dann ebenfalls naturwissenschaftliche Kategorien, schon deshalb, weil andere Gründe in Vergessenheit geraten werden. Dafür sorgte schon das europäische Bildungssystem Bologna, dass in den Geisteswissenschaften keine großen Zusammenhänge mehr zur Kenntnis genommen werden, wie die Lektüre von Hauptwerken der Philosophiegeschichte. Ob das „Deutschland weiter vor-anbringt“, ist schon länger fraglich.