Weltuntergänge haben zu allen Zeiten Konjunktur. Doch die Erde dreht sich weiter. Dabei ist der Wunsch, in die Zukunft zu blicken, nicht neu. Seit alters her vermitteln Prophetien vermeintliche Erklärungen. Im antiken Griechenland galt das Orakel von Delphi als Urquell aller Weissagungen. Von der legendären geflügelten Schlange Python, die durch ihre hellseherischen Fähigkeiten berühmt wurde, leitet sich der Name Pythia ab, den später alle Orakelpriesterinnen trugen. Durch Rauschdrogen entrückt, verkündeten sie ihre Eingebungen. Jedenfalls beschreibt es Plutarch so, ein Insider, schließlich wirkte er 20 Jahre als Oberpriester in Delphi.
Auch in der Kirche sah man bisweilen gern in die Zukunft: Papst Sylvester II. verkündete, dass um Mitternacht des 31. Dezember 999 die Welt untergehen würde. Martin Luther versuchte sich gleich dreimal: 1541 markiert die dritte und letzte Prognose. Ob er zu den Zeitpunkten jeweils ein Apfelbäumchen pflanzte, ist jedenfalls ungewiss. Auch die Juden tanzten den Endzeit-Reigen mit. Im Jahr 1665 wurde ein gewisser Shabbatai Tzevi von vielen jüdischen Gemeinden als der große Welterlöser angesehen. Lange währte seine Zeit nicht. Ein Jahr nach seiner Ernennung zum Messias konvertierte er zum Islam. Damit entpuppte sich die Vorstellung, es gäbe einen anderen Messias als Jesus, einmal mehr als Irrtum. Den Weltrekord bei apokalyptischen Voraussagen halten die Zeugen Jehovas. Armageddon sollte laut Gründer Charles Taze Russell 1874 stattfinden. Als Silvester nahte, bestimmte er rasch den 1. Oktober 1914. Und darauf folgte 1925, wieder kein Treffer. Auch die Prognose 1975 schlug weit fehl, was viele Mitglieder nicht nur um ihre Illusion brachte, insbesondere für die damaligen Teenager der Zeugen Jehovas verheerende berufliche Folge hatte, weil sie wegen der Weltuntergangs-Prophezeiung keine Ausbildung anfingen.
Tatsächlich gibt es eine Vielzahl tragischer Beispiele. In Jonestown töteten sich auf Anweisung ihres Sektenführers Jim Jones 923 Mitglieder seiner Volkstemplersekte. 1993 wiederholte sich Ähnliches. In Erwartung des nahen Weltuntergangs verschanzten sich Mitglieder der Davidianer auf der Ranch ihres Meisters David Koresh. Als Polizisten nach mehrwöchiger Belagerung das Anwesen stürmten, gingen 85 Sektenmitglieder in den Feuertod. Gesucht wurde Gott, doch die Sekten offenbarten sich als Lügengebilde Satans. Ganz ähnlich wie die Scharlatanerien eines Großteils der Eso-Szene. Kein Spökenkieker-Chat, in dem nicht der unvermeidliche Nostradamus aufkreuzt. Jeder seiner Verse wird von Endzeitschakalen zur kruden Selbstbereicherung ausgeweidet. Aber es geht noch besser: der von Bestsellerautor Zecharia Sitchin angekündigte Planet Nibiru sollte 2000, 2003, 2012, 2017 und 2018 mit der Erde kollidieren. Die NASA gab schon früh Entwarnung. Es gibt keinen glaubwürdigen Hinweis auf die Existenz von Nibiru. Als Makulatur erwies sich auch Ragnarök. Die angeblich von den Wikingern für den 22. Februar 2014 angekündigte Apokalypse haben Odin, Thor & Co. entweder verschlafen oder ihnen sagt der Gregorianische Kalender nichts. Da bieten die exotischen Maya den Knock-out-Beschwörern schon mehr mythische Projektionsfolie. Am 22. Dezember 2012 sollte laut Maya-Kalender Ultimo sein. Alles Maya, die Welt blieb bestehen. Maya steht hier als hinduistische Metapher für Einbildung. Der Name der hinduistischen Weltenmutter Maya gilt zugleich als Göttin der Illusion.
Doch wenn es um Illusionen geht, ist die Traumfabrik gefragt. Entsprechend lustvoll weidet man sich in Hollywood an der Apokalypse. Im Schmachtschinken „Meteor“ kämpft Sean Connery nicht mehr gegen Dr. No, sondern stemmt sich in James-Bond-Manier als Dr. Bradley gegen das himmlische Desaster. Und im Schlachtschinken „Armageddon“ sollen Bruce Willis, Ben Affleck und Steve Buscemi ins Weltall jetten, um die Welt zu retten. Nicht ohne Grund, ein Meteorit von der Größe des Bundesstaates Texas rast auf die Erde zu, da klopft schon mal die Dylan'sche Erkenntnis: „It's all over now, baby blue“ schicksalhaft an. Bei so viel finanziell lohnenden Panikproduktionen brachte auch Katastrophen-Experte Roland Emmerich mit „2012“ einen Endzeit-Blockbuster raus. Natürlich ging es um die Maya-Botschaft (siehe oben) und ganz nebenbei um Propaganda für den Klimaschutz. Nach 100 Tagen lag das Einspielergebnis schon bei 760 Millionen US-Dollar.
Warum sind so viele Menschen am Weltuntergang interessiert? Die Gründe sind vielschichtig. Zum einen läuft das Geschäft mit der Angst immer gut, zum anderen bietet die laizistische Gesellschaft nur Konsum und Kommerz. Zu wenig, um Halt zu finden. Gerade in unruhigen Zeiten wuchern die Ängste. Gegenwärtig lässt sich die Verunsicherung mit Händen greifen. Alte Werte und Gewissheiten zählen nicht mehr. Das Vertrauen in Politik, Wirtschaft und Medien ist gestört. Die tiefen Grabenrisse in unserer Gesellschaft lassen sich mit einem lapidaren „Wir schaffen das“ nicht überbrücken. Tief sitzende Existenzängste lassen sich nicht durch Redeverbote wegtherapieren.
Kein Wunder, die Rufer in der Wüste haben wieder Konjunktur. Doch wem kann man vertrauen? Ist jemand wie Alois Irlmaier eine verlässliche Größe? In den 1950ern meinte der schlichte Mann aus Bayern die Vorzeichen eines 3. Weltkrieges zu erkennen. Aber sprach er nicht auch von einem großen Glaubensabfall? „Alsdann“, so Irlmaier, „kommt eine große Zahl fremder Leute ins Land“. Würde eine solche Aussage heute nicht gleich von der Abrissbirne gutmeinender Berufsempörer in Grund und Boden gerammt? Aber wie steht es um Irlmaiers Ahnung, die abenteuerliche Finanzpolitik fordere ihren Tribut? Die USA, wissen Wirtschaftsweise, stehen vor dem finanziellen Ruin, in Europa wird noch manche Kreditblase platzen, ganz zu schweigen vom Börsen-Tohuwabohu, das jene Spekulanten anrichten, die sich Philanthropen nennen, weil sie an den Börsen gegen das Wohl der Menschen wetten. Was, wenn die Wirtschaft nicht mehr boomt? Wenn sich das schönfärberische Medien-Bla-bla als Fake-News entpuppt? Irlmaier spricht von revolutionären Unruhen in Kerneuropa. In Italien kommt es laut seiner Prophezeiungen zu Übergriffen auf Geistliche, sodass „der Papst im Pilgergewand“ flüchten muss. Spannend, auch wenn's nicht stimmt.
Christen leben stets in der Endzeit, aber mit Hoffnung
Als Katholik muss man solche Prophetien nicht glauben. Über Zweifel erhaben ist jedoch die polnische Mystikerin Faustina Kowalska. Johannes Paul II. sprach die Ordensfrau am 30. April 2000 heilig. Jesus sprach zu ihr durch Visionen, ebenfalls die Muttergottes. Die Beschreibung ihres inneren Lebens hielt sie in einem Tagebuch fest. Die Worte Jesu an die Hl. Faustina lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Schreibe Folgendes: Noch bevor Ich als gerechter Richter kommen werde, komme ich als König der Barmherzigkeit. Bevor der Tag der Gerechtigkeit anbricht, wird den Menschen folgendes Zeichen am Himmel gegeben werden: Alles Licht am Himmel erlischt und große Finsternis wird auf der ganzen Erde sein. Dann erscheint das Zeichen des Kreuzes am Himmel, und aus den Öffnungen, wo die durchbohrten Hände und Füße des Erlösers waren, werden große Lichter fluten, die eine Zeit lang die Erde beleuchten. Das wird kurz vor dem Jüngsten Tag geschehen.“
Müssen Gläubige deshalb Angst haben? Eigentlich nicht. Denn Christen leben immer in der Endzeit. Schließlich erwarten wir die Wiederkunft des Herrn. Und das freudig, ganz ohne Angst. Gemessen am eigenen Gottvertrauen und der Glaubensgewissheit, wachsen wir jeden Tag zu Gott hin. Mut ja, Verzweiflung nein. Der Weg führt nur durch demütiges Gebet zu Gott. Erst recht am Ende aller Tage. Das Gebet zum Erzengel Michael ist in jedem Fall empfehlenswert, egal ob die Apokalypse nächste Woche, nächstes Jahr oder im nächsten Jahrhundert ansteht: „Hl. Erzengel Michael,/verteidige uns im Kampfe/ gegen die Bosheiten und die Nachstellungen des Teufels,/ sei Du unser Schutz!“
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