Glauben

Dreieinigkeit als Spiegel der Liebe

Für die Christen aller Zeiten ist die Vaterschaft Gottes etwas Grundlegendes. Das hat der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre noch einmal hervorgehoben.
Kardinal Luis Francisco Ladaria Ferrer
Foto: Riccardo De Luca (AP)

Der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre, Luis Kardinal Ladaria, hat am Freitag bei der feierlichen Eröffnung des Akademischen Jahres 2021/22 an der Kirchlichen Universität San Dámaso des Erzbistums Madrid den Festvortrag über inaktuelle Überlegungen über die Theologie von Gott dem Vater gehalten. „Inaktuell“ bedeute nicht, dass solche Überlegungen unzeitgemäß seien. Ganz im Gegenteil: Sie seien wichtig, weil sie immer gültig seien. Im Folgenden dokumentieren wir eine auszugsweise Übersetzung des Vortrags.

Vaterschaft Gottes

Für die Christen aller Zeiten ist die Vaterschaft Gottes etwas Grundlegendes. Im Alten Testament wird der Ausdruck Vater zwar sehr zurückhaltend gebraucht, aber die darin zum Vorschein kommende Vaterschaft Gottes kann nicht geleugnet werden. Im Neuen Testament ist sie dann allgegenwärtig, nicht nur im Johannesevangelium – hier häufig in Anrufungs- und Gebetskontexten. Jesus ruft den einen Gott des Alten Testaments als „Vater“ an, und spricht von sich selbst dementsprechend als dem „Sohn“. In der Auferstehung Jesu erfährt die Aussage des Psalms ihren Höhepunkt: „Er sprach zu mir: ,Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt?“ (Psalm 2, 7). Die von Jesus selbst gebrauchte Formel „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Matthäus 28, 19) ist weiterhin bindend. In den Paulus-Briefen erscheint Gott als Jesu Vater: „Gepriesen sei der Gott und Vater Jesu Christi, unseres Herrn“ (2 Korinther 1, 3).

Eine neue Art des Verstehens

„Wir glauben an Gott, den Vater (...) und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn ...“ Die Trinitätslehre ist der höchste Ausdruck des Monotheismus. Die Dreifaltigkeit stellt keine Minderung der Einheit dar, sondern eine neue Art und Weise, den Monotheismus zu verstehen. Es ist nicht der Monotheismus eines einsamen Gottes. Die Trinitätslehre in den ersten christlichen Jahrhunderten mit dem Werkzeug der griechischen Philosophie zu formulieren, war nicht einfach. Die Neuigkeit des dreieinigen Gottes musste zwei Positionen ausschließen, die sich als Irrwege herausstellten: Der Sabellianismus bekräftigt ein einziges göttliches Prinzip, und unterscheidet deshalb nicht zwischen den drei göttlichen Personen, die als Modi eines einzigen Gottes erscheinen. Für den Subordinationismus – aus dem später der Arianismus hervorging – sind der Sohn und der Heilige Geist dem Vater untergeordnet. Beide Wege führen in Sackgassen. Ihnen ist gemeinsam, dass sich die Vaterschaft Gottes insofern auf die Schöpfung beschränken würde, als die „Ökonomie“, das Ad-Extra-Handeln Gottes, nicht auf dem Innenleben Gottes fußen würde. Demgegenüber bekennt der Katechismus der katholischen Kirche, dass „die gesamte göttliche Ökonomie (...) das gemeinsame Werk der drei göttlichen Personen“ ist.

Vater und Schöpfergott

Eine besonders große Leistung der ersten christlichen Jahrhunderte bestand darin, die Schöpfung mit der Vaterschaft zu verknüpfen: Der Vater, der den Sohn zeugt, ist derselbe, der alles durch ihn geschaffen hat. Nach Augustinus ist der Vater Anfang aller Gottheit, Quelle und Ursprung von allem, was existiert.

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Die Lehre der trinitarischen Beziehungen, die von den kappadokischen Vätern, Augustinus und Thomas von Aquin entwickelt wurde, gipfelte im Konzil von Florenz (1442), das schließlich festlegte, dass in den drei göttlichen Personen, „alles ... eins (ist), wo sich keine Gegensätzlichkeit der Beziehung entgegenstellt“. Die Lehre der Communio wird dann zur Achse der Trinitätslehre, eine Gemeinschaft, die im Austausch zwischen den Personen besteht. Sie haben ihr Sein voneinander, miteinander und aufeinander. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Einheit ein Moment nach der Dreieinigkeit wäre. Entgegen einigen modernen Theologen, die behaupten, Gott sei Gott, ehe er Vater sei, schließt Yves Congar jeglichen chronologischen Vorrang aus.

Gemeinsame Vollkommenheit

Die Gleichheit und gemeinsame Vollkommenheit der drei göttlichen Personen gründet in der Liebe. Alles geht vom Vater aus, nicht weil er übergeordnet wäre, sondern weil er Gabe ist: Der Vater schenkt sich ganz dem Sohn und mit dem Sohn dem Heiligen Geist. Der Sohn und der Heilige Geist empfangen alles. Die unendliche Fähigkeit zu lieben und sich zu schenken, begründet die Gleichheit und die Kommunikation der göttlichen Personen. Gott ist der Neid fremd – so Hilarius von Poitiers –, und zwar in einem doppelten Sinn: weil Gott nicht neidisch ist und, als Folge davon, weil der Neid von Gott entfernt. Deshalb teilt er dem Sohn seine Gottheit ohne Maß mit. Gott ist laut Hilarius ganz und gar Vater, und deshalb teilt er dem Sohn – und dem Geist mit dem Sohn – sein göttliches Wesen in Fülle mit. Den Vater als „ursprüngliche Gabe“ anzusehen, der aus sich selbst, aus seinem Wesen, den Sohn zeugt und principaliter den Heiligen Geist hervorgehen lässt – die ihm in allem gleich sind –, ist die überzeugendste Art, die Gleichheit und vollkommene Gemeinschaft zwischen den göttlichen Personen zu begründen. Es ist ebenfalls die beste Art und Weise, den Tritheismus, den Subordinationismus und den Sabellianismus zu vermeiden.

Nur einer ist euer Vater

Athanasius zufolge ahmt Gott die Menschen nicht nach. Niemand ist so sehr Vater, so barmherzig wie Gott. Deshalb sagt Jesus: „Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Matthäus 23, 9) – streng genommen kommt der Name „Vater“ nur Gott Vater zu. Die Liebe als ewiger Liebesaustausch zwischen den göttlichen Personen spiegelt sich in der Liebe Gottes zu den Menschen wider. Die vollkommene Liebe des Sohnes verweist auf die Liebe des Vaters, der die Welt „so sehr geliebt“ hat, „dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Johannes 3, 16).

Aus dem Spanischen übersetzt von José García

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