Schon von Anfang an wurde der Synodale Weg im Ausland mit Skepsis beobachtet. Das liegt weniger an den jahrzehntealten Forderungen, sondern an der grundsätzlichen Orientierung, die Kirche unter funktionalistischen Gesichtspunkten verstehen zu wollen und alles andere als „Flucht in die Spiritualität“ abzutun.
Die Kirche in Deutschland läuft zunehmend Gefahr,
sich von ihren geistlichen Wurzeln abzuschneiden
Wie unter einem Brennglas verdichtet sich diese verengte Sicht, wenn es um den Priester und seine Sendung geht. Allerorten wird zur Jagd auf „Klerikalismus“ gerufen, und die Furcht vor „sakral aufgeladener“ Macht durchweht nicht nur die digitalen Synodenaulen. Dabei läuft die Kirche in Deutschland zunehmend Gefahr, sich von ihren geistlichen Wurzeln abzuschneiden und sich von der Weltkirche abzukapseln. Als sich eine Tagung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt kürzlich mit dem Thema „priesterliche Identität“ befasste, wurde wieder einmal deutlich, wie einseitig und ohne geistliche Tiefe man auf den Priester schaut. Das dürfte angesichts der „pastoralen Prozesse“ in den Diözesen, die den Priester weitgehend nur als kirchenrechtlich notwendige Leitungsinstanz in einem „Team“ mit Laien multiprofessionell ausdifferenzierter Kompetenzen sehen und nicht als Hirten, Lehrer und Seelsorger, nicht verwundern.
Immer stärker soll nun auch die Priesterausbildung nach diesen Vorstellungen reformiert werden, da sie unter dem Verdacht steht, einem ,überkommenen‘ Priesterbild oder gar „Standesdünkel“ Vorschub zu leisten. Auch der langjährige Regens des St. Georgener Priesterseminars, Pater Stephan Kessler SJ, stellte der bisherigen Priesterausbildung in Deutschland ein vernichtendes Urteil aus, und macht drei Kernprobleme aus: fehlende sexuelle Reife der Kandidaten, Tabuisierung der Homosexualität und die „Überhöhung“ des Priesteramts. Auf die gelte es nun mit einer Neuausrichtung zu antworten.
Seminare mit klarem Priesterbild sind gut besetzt
Doch bei allen Problemen der heutigen Priesterausbildung, die in vielem ihre Anschlussfähigkeit an die Realität auch in der Kirche verloren hat; mit dem Versuch sie nach einem reaktiven Muster umzubauen, wird man die Isolation der Kandidaten höchstens verstärken, da sie nurmehr als „Problemfälle“ wahrgenommen werden. Die Limburger Studie zu den Ursachen sexuellen Missbrauchs in der Kirche hat jedoch auch in St. Georgen problematische Strukturen aufgedeckt, die weitgehend als exemplarisch gelten dürften. Es ist die Rede davon, dass die Seminaristen sich einer intransparenten Machtfülle des Regens ausgesetzt sehen, fehlenden Ausbildungscurricula oder Besuchen des Regens auf den Zimmern.
All das liegt fernab der Vorstellungsfähigkeit junger Menschen und ist nicht selten auch ein Grund, das Seminar wieder zu verlassen – oder sich sogar eine Gemeinschaft im Ausland zu suchen. Kessler griff in seinem Vortrag explizit die französische Priestergemeinschaft St. Martin an. Diese Gemeinschaft mit über hundert Seminaristen, die von den Bischöfen aufgrund guter Erfahrungen in der Seelsorge stark nachgefragt wird, wird zusehends auch für junge Deutsche eine Alternative. Ein klares Priesterbild und ein verbindliches Ausbildungscurriculum mit frühzeitigem Einsatz in den Pfarreien hebt sich für sie wohltuend von Seminarerfahrungen hierzulande ab. Doch sieht Kessler gerade in St. Martin den Inbegriff problematischer Priesterausbildung, die mit ihren geschlossenen Systemen einen „narzisstischen“ und „soziopathischen“ Typen ansprächen. Doch vielleicht geht es auch gar nicht so sehr um Missbrauch und sachorientierte Reform der Ausbildung – sondern einfach nur um Ideologie.
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