Das Beichtsakrament befindet sich seit langem in einer Krise. Zum einen ist das Vertrauen in die Priester geschwunden. So wird gesagt, man könne doch nicht bei einem Menschen seine Sünden bekennen, der womöglich selbst „Dreck am Stecken“ hat. Andere haben sich von der Beichte verabschiedet, weil sie einen Zuspruch erhalten haben, der nicht der Lehre der Kirche entsprach und sie verwirrt zurückließ. Wieder andere vertreten die Ansicht: „Ich habe ja niemanden umgebracht“ und gehen deshalb nicht zur Beichte. Unter kirchlichen Mitarbeitern ist nicht selten die Meinung verbreitet, durch die gemeinschaftliche Bußfeier, eventuell sogar mit Generalabsolution, die Beichte ersetzen zu können, da dies besser unserer Zeit entspreche. So stellt sich die Frage, ob die Beichte nicht längst überholt und ein Überbleibsel mittelalterlicher Frömmigkeit ist.
Sündenvergebung geschieht durch den Menschen
in der Vollmacht Gottes
Eine Antwort auf diese Frage macht es zunächst notwendig zu verstehen, was das Beichtsakrament ist und was es bewirkt. Wie alle sieben Sakramente, ist die Beichte von Jesus Christus eingesetzt und der Kirche zur treuen Verwaltung anvertraut: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,23). Dabei kann Sündenvergebung nie Menschenwerk sein (vgl. Mk 2,6–10), sondern geschieht in der Vollmacht Gottes und durch die Kraft des Heiligen Geistes. Gerade deswegen erfolgt sie nicht in unpersönlich-allgemeiner Weise, sondern durch jene Vermittlung, die Gott in Jesus Christus geschenkt hat. Er ist im Sakrament gegenwärtig, er spricht durch den Priester „Ich spreche dich los von deinen Sünden.“
Im Priester, so unwürdig und sündig er auch sein mag, handelt Christus, wenn er das Sakrament spendet und tut, was die Kirche ihm aufgetragen hat; dies bezieht sich vor allem auf die Spendeformel und die Intention. Für die Sündenvergebung sind auf Seiten des Beichtenden fünf Bedingungen einzuhalten, die sich auch in den fünf „B“ zusammenfassen lassen: besinnen, bereuen, bekennen, büßen, bessern. Die Beichte ist eine persönliche Begegnung mit Jesus Christus im Sakrament.Ihr geht die Besinnung auf die eigenen Sünden und Fehler voraus, gefolgt von aufrichtiger Reue, einem vollständigen Bekenntnis aller bewussten Sünden; daran schließt sich die Buße als Teil der Wiedergutmachung und ein Vorsatz zur Besserung des Lebens an.
"Dazu ist Christus Mensch geworden, um uns von unseren Sünden zu erlösen."
Durch die Beichte werden die Todsünden (auch schwere Sünden genannt) vergeben, die die Liebe im Herzen des Gläubigen zerstören. Sie sind ein schwerer Verstoß gegen Gottes Gesetz und setzen volles Bewusstsein und freie Zustimmung voraus. Nicht nur vor dem Empfang der sakramentalen Kommunion, sondern auch allgemein ist jeder Christ gehalten, sich sorgfältig zu prüfen und die Sündenvergebung zu erbitten, denn dazu ist Christus Mensch geworden, um uns von unseren Sünden zu erlösen.
Auch wenn es für jeden Katholiken vorgeschrieben ist, das Beichtsakrament mindestens einmal jährlich zu empfangen (vgl. Can. 989 CIC), so ist die Beichte nicht als Last, sondern als Befreiung zu verstehen. Sie ist vergleichbar mit einem Hausputz, wodurch alles wieder in Ordnung gebracht wird: die Beziehung zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst.
Die heilende Wirkung des Beichtsakraments muss neu entdeckt werden
Die Last der Sünde bringt Menschen zu Fall und lässt sie immer tiefer fallen. Nicht selten werden Menschen, die unter schweren psychischen Problemen leiden, von der Sünde niedergedrückt.Umso wichtiger ist es, die heilende Wirkung des Beichtsakraments wiederzuentdecken, sie ist gerade für unsere Zeit unersetzlich. Daher gilt die Beichtpraxis – nicht die Teilnahme an Diskussionsforen – als Kriterium für die Lebendigkeit einer Gemeinde.
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