Vor einiger Zeit durfte ich gleich zwei guten Freunden für Taufe und Firmung Pate stehen. Mich hatte unheimlich berührt, dass die beiden ausgerechnet mich dafür auswählten. Und das Gewicht der damit verbundenen Verantwortung liegt schwer auf mir, bin ich doch selbst erst vor einigen Jahren zum Katholizismus konvertiert.
Taufe und Firmung gehören unter den sieben Sakramenten zu jenen, die ein unauflösliches Zeichen einprägen. Wer sie erbittet und wer sie empfängt, der wird ganz neu geboren.
Die Taufe tilgt jede Schuld
Das durften meine beiden Freunde vor einigen Tagen, ich bereits vor einigen Jahren erfahren. Dass wir drei nicht nach dem üblichen Gang der Dinge schon als Kinder und Jugendliche diese Sakramente empfingen und uns die Gnade des Glaubens erst etwas später erfasste, stört dabei gar nicht. Im Gegenteil: In der 2 000-jährigen Kirchengeschichte gibt es berühmte Spätzünder.

Ein prominenter war Kaiser Konstantin der Große. Er führte die Christen aus den römischen Katakomben ans Licht, stiftete Basiliken in Rom, Jerusalem, Konstantinopel und Betlehem, seine Soldaten führten das Kreuz als Zeichen des Sieges auf ihren Helmen. Aber taufen ließ sich Konstantin erst auf dem Sterbebett. Dies war der sicherste Weg, die Worte Jesu an den guten Schächer Dismas auf Golgotha auch auf sich zu münzen: Noch heute wirst Du mit mir im Paradiese sein. Denn die Taufe tilgt wie die Erbschuld auch alle persönlichen Sünden, ohne sie namentlich beichten zu müssen.
Auch von den vier abendländischen Kirchenvätern waren zwei Spätzünder: Ambrosius von Mailand und Augustinus von Hippo. Als man Ambrosius im Mailänder Dom drängte, das Amt des Bischofs zu übernehmen, war der 35-Jährige erst Taufbewerber. Im Abstand von nur acht Tagen empfing er Taufe, Priester- und Bischofsweihe. Wenig später sprang der Funken der Gnade auch auf Augustinus über: Er war 33 Jahre alt, als Ambrosius ihn in Mailand taufte. Mit Spätzündern, so scheint es also, hat Gott nicht selten etwas Besonderes vor.
Der Himmel öffnet sich
Und schließlich ist auch Jesus selbst gewissermaßen sakramentaler Spätzünder, da er sich trotz seiner Sündlosigkeit – erst im Erwachsenenalter – von Johannes taufen ließ. Dabei, so heißt es im Evangelium, öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an Dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
Eine Taube stieg bei unserer Feier zwar nicht herab, aber einen offenen Himmel durften wir zu dieser freudigen Stunde dennoch erleben: Sind wir doch alle Gottes geliebte Kinder, an denen er Wohlgefallen gefunden hat. Und so freuen wir uns an der reichen Gnade des Glaubens – egal ob Früh- oder Spätzünder.

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