„Was studierst du?“ Schon oft wurde ich das in meinem Leben gefragt. Aber, manchmal auch zur Überraschung des anderen, studiere ich nicht, zumindest an keiner Fakultät. Es scheint heute schon als außergewöhnlich zu gelten, wenn man nicht nach der regulären Schulzeit ein Studium beginnt, oder gar erst mal ein Jahr der Selbstfindung einlegen muss und die Welt bereist.
Ich selbst habe nicht einmal Abitur. Ist man dadurch herabgestuft, auf einer Werteskala, die, so möchte ich meinen, von uns Menschen manchmal selbst gemacht wird und nichts anderes ist als falscher Eigenstolz. Verstehe man mich nicht falsch! Ich bin dankbar für jeden guten Arzt und andere akademische und technische Sprösslinge, die ihre Talente zum Besten zu schulen versuchen, um anderen damit zu dienen. Aber heutzutage werden Studienkurse angeboten und belegt, bei denen Gelehrte vergangener Zeiten sich wohl im Grab umdrehen würden.
Durch Höhen und Tiefen gegangen
Ein jeder möchte heute frische und regionale Erzeugnisse konsumieren, aber nur äußerst wenige wollen in Berufe wie Bäcker, Fleischer, Brauer, um dort ihre Talente zu verwirklichen. Und es liegt mit Sicherheit nicht mehr an der Bezahlung, denn da hat das Handwerk deutlich nachgezogen. Ich selbst bin eingetragener Betriebsleiter einer kleinen Metzgerei in einem Stadtteil von Regensburg, den die Eltern meiner Mutter vor einigen Jahrzehnten aufgebaut haben. Zuerst begannen sie in einem anderen Stadtteil in einem bereits vorhandenen Gebäude, um dann 1969 den neu gebauten Produktionsbetrieb zu eröffnen. Ich selbst arbeite nun schon, inklusive Lehrzeit, seit zehn Jahren in diesem Betrieb, der durch Höhen und Tiefen gegangen ist und geht.

Das Handwerk leidet heute sehr unter einem Mangel an Fachkräften, und so manches Handwerk droht sogar auszusterben, manche sind wohl schon ganz von der Bildfläche verschwunden. Auch bei unserem eigenen Betrieb ist es nicht sicher, ob er durch das nächste Jahr kommt. So appelliere ich mit diesen Zeilen auch: Geben Sie dem Handwerk die Wertschätzung, die es verdient! Danke dafür!
Auch Jesus war ein ganz normaler Handwerker
Rufen wir für einen Augenblick das Leben Josefs, aber auch das Leben Jesu in Erinnerung und verbinden das mit dem Stichwort Handwerk, so werden wir feststellen, dass beide einen Großteil ihres Lebens damit verbrachten. Jesus war viele Jahre seines Lebens, bevor sein öffentliches Wirken begann und er viele Wundertaten tat und weise Worte sprach, ein ganz normaler Handwerker, so wie er es von seinem Ziehvater Josef erlernt hatte. Und es mag sein, dass er wegen dieser praktischen Tätigkeit später Anekdoten erzählen konnte wie etwa vom Balken vor dem eigenen Auge (Balken braucht man für einen Dachstuhl) oder von dem auf Fels gebauten Haus, das die Stürme und Wassermassen nicht wegreißen können.
Jede und jeder von uns hat eine ganz eigene Berufung für sein Leben! Ich möchte auch bei mir meinen, dass die zehn Jahre in unserem Betrieb nicht meine wahrhafte Berufung sind. Doch Gott führt auf vielen Wegen zum Ziel. Und sei das Ziel auch nur das, seine irdische Berufung zu erkennen und zu leben, um so Gott einen wahren Dienst zu erweisen, indem man dem nachgeht, was er für einen vorgesehen hat, um an seinem Reich zu bauen und einst die Krone des ewigen Lebens zu erhalten.

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