Der Gedanke ist verbreitet, dass es keinen Sinn im Leben gibt, denn mit dem Tod sei alles vorbei. Daher komme es allein darauf an, die Annehmlichkeiten und die Möglichkeiten, die sich im Leben bieten, zu nutzen. Das „carpe diem“, genieße den Tag, wie es schon die alten Römer formuliert hatten, erlebt eine Renaissance.
Lebensqualität, Wohlstand, Geld und Autonomie stehen im Mittelpunkt einer Gesellschaft, die um sich selbst kreist und nicht ohne Grund von einigen als „Spaßgesellschaft“ bezeichnet wird. Die kontinuierliche Verfügbarkeit von Medien und sozialen Kommunikationsmitteln verstärkt diesen Prozess und führt nicht selten dazu, dass ein Nachdenken über Sinn und Ziel des Lebens ausbleibt. Doch: Kann der Mensch Erfüllung finden, wenn er nicht weiß, woher er kommt und wohin er geht? Entspricht es nicht vielmehr der menschlichen Würde, Antwort auf diese Frage zu finden?
Ein Blick auf die Philosophiegeschichte zeigt, wie um Antworten gerungen wurde, dabei ist deutlich geworden, dass man den Sinn des Lebens nur ausgehend von einer Perspektive finden kann, die das menschliche Leben in einen größeren Horizont einordnet. Wer sich nämlich ohne Ziel auf eine Reise begibt, nach dem Motto: der Weg ist das Ziel, kommt gewöhnlich nicht an und verfehlt seine Bestimmung. Besonders tragisch wäre dies im Hinblick auf das menschliche Leben, zumal der Mensch nur einmal lebt.
Es gehört zum Wesen des Menschen, als Einheit von Leib und Seele, Unsterblichkeit in sich zu tragen. Daher kann der Sinn des Lebens nur erschlossen werden, wenn die Frage, was nach dem Tod kommt, beantwortet wird. An dieser Stelle entscheidet sich alles. Mithilfe der Vernunft vermag der Mensch zwar zu erkennen, dass der menschliche Geist unsterblich ist, aber ohne die Offenbarung bleibt im Dunkeln, wie dieser Weg konkret aussieht.
Das Ziel ist entscheidend
Schon die Propheten im Alten Testament gaben wichtige Hinweise über das Leben nach dem Tod, aber erst in Jesus Christus kommt vollends Licht in das Dunkel. Er ist das Licht, das die Dunkelheit erleuchtet (vgl. Joh 1,9) und nur in seinem Licht schauen wir das Licht (vgl. Ps 36,10). Aus dieser Perspektive wird verständlich, warum das Evangelium frohe Botschaft ist, denn darin wird der Sinn des Lebens und der Weg zum Leben enthüllt.
An diesem Punkt angekommen wird deutlich, dass es nur eine Alternative gibt. Erstens: Mit dem Tod ist alles vorbei. Dann gilt in der Tat das „carpe diem“, wie schon der Apostel Paulus formuliert, dann esst und trinkt, denn morgen sind wir tot (vgl. 1 Kor 15,32). Zweitens: Es gibt ein Leben nach dem Tod und der konkrete Weg dahin wird aufgezeigt. Dann ändert sich alles, weil es nun Antwort auf die entscheidende Frage gibt. Der Sinn des Lebens kann nur vom Ende her erschlossen werden. Dabei lässt sich erneut der Vergleich zu einer Reise heranziehen: Bevor die Koffer gepackt werden, muss klar sein, wohin die Reise führt. Andernfalls würde man für den Skiurlaub Badesachen einpacken oder umgekehrt. Ebenso verhält es sich mit der Reise des Lebens, sie lässt sich nur ausgehend vom Ziel bestimmen.
Die Hauptschwierigkeit des modernen Menschen besteht darin, sich in den zumeist oberflächlichen Dingen zu verlieren. Zugleich fehlt oft jene Demut, die sich beschreiben lässt als mutig die Wahrheit über das eigene Leben zu suchen und dieser Wahrheit zu folgen. Dazu lädt der Herr ein, wenn er sagt: „…sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet“ (Mt 7,7). Zum Menschsein gehört wesentlich, nach dem Sinn des Lebens zu suchen, und wer sucht, der findet. Andernfalls wäre der Mensch ein blind Geborener, unfähig, Wesentliches zu erkennen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist die entscheidende Frage, weil nur der ans Ziel gelangt, der es erkennt.
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