Der Tod, der für uns Christen den Beginn des eigentlichen Lebens markiert, bedeutet für viele das Ende von allem. Die Annahme, dass „danach nichts mehr kommt“ ist verbreitet. Dementsprechend leben viele für das Hier und Jetzt, geradezu gefangen in den materiellen Dingen. Doch selbst materieller Reichtum oder auch eine noch so hohe Lebensqualität vermögen das dadurch entstandene geistige Vakuum nicht gänzlich zu überspielen oder zu füllen. Denn eine Frage bleibt: Was passiert mit dem menschlichen Geist nach dem Tod? Ist dann wirklich alles vorbei?
Für den modernen Menschen scheinen die Religionen Asiens prädestiniert zu sein, auf diese Frage Antwort zu geben. Konzepte wie „Seelenwanderung“ und „Reinkarnation“, sowie eine Öffnung zu esoterischen Praktiken stellen für viele attraktive Möglichkeiten dar, um vermeintlich Antwort zu finden. So problematisch dies auch ist, spiegelt sich darin zweifellos eine Grundintuition wider, die jedem Menschen ins Herz geschrieben ist, denn der Mensch ist vergänglich, aber doch unsterblich.
Der Geist kommt von Gott
Der heilige Augustinus († 430) hat dies in seinen „Bekenntnissen“ in dem tiefsinnigen Satz ausgedrückt: „Geschaffen hast Du uns auf Dich hin und ruhelos ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir.“ Nach einem langen Weg der Suche, verbunden mit einigen Irrwegen, war ihm deutlich geworden, dass nur die christliche Offenbarung auf die grundlegenden Fragen des Lebens Antworten gibt. Um dies verstehen zu können, muss man zunächst den Blick darauf richten, wer der Mensch ist: Das Buch Genesis beschreibt, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen wurde und als Abbild Gottes (vgl. Gen 1,27). Diese Aussage ist von grundlegender Bedeutung: Zum einen hat der Mensch einen Leib, der ihm gegeben ist und dessen Selbstannahme das Menschsein wesentlich ausmacht.
Zum anderen trägt jeder Mensch das Abbild-Gottes-Sein in sich. Damit ist ein innerer Sinn, ein geistiges Sehvermögen, ein geistiges Prinzip beschrieben. Da Geist nicht von der Materie kommen kann, weil dies dem Gesetz der Kausalität widersprechen würde, ist die Annahme zwingend, dass Geist nur von einem geistigen Wesen kommen kann: von Gott.
Dieser Geist, das Formprinzip des Menschen, wodurch sich die Materie entwickelt, ist vom Moment der Befruchtung an vorhanden. Die Kirche bezeichnet dieses geistige Prinzip als Seele, die aufgrund ihrer Natur (Geist) unsterblich ist. Sie kann daher nicht vergehen oder sterben, wohl aber der Körper.
Unvernünftige Seelenwanderung
Seele und Leib formen zusammen eine substanzielle Einheit. Es handelt sich dabei keineswegs um einen Dualismus im Sinne Platons, so als ob es zwei unterschiedliche und unabhängige Elemente im Menschen gäbe. Im Gegenteil, diese Einheit ist dermaßen konstitutiv, dass eine Trennung der Seele vom Leib zum Tod führt. Der Leib verfällt ohne das formgebende Geistprinzip, während die Seele zu ihrem Ursprung zurückkehrt. Durch „den Tod wird die Seele vom Leib getrennt“.
Aus dem Gesagten wird ersichtlich, warum eine Seelenwanderung nicht möglich sein kann, da sie nicht nur den Prinzipien des Geistes, sondern auch denen der Vernunft widerspricht. Im Gegensatz dazu hat die Kirche bereits 1336 dogmatisch definiert, dass „sogleich nach dem Tod“ die Seele vor Gott tritt. Der Mensch ist vergänglich, aber auf Unsterblichkeit hin geschaffen, ihm ist Unsterblichkeit in seine Natur eingeschrieben. Aus dieser Perspektive wird deutlich, warum der Herr seine Jünger mit den Worten ermahnte: „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird!“ (Joh 6,27) Es gibt mehr im Leben, vor allem nach dem Leben.
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