Wenige Monate nach seinem Diamantenen Priesterjubiläum ist der emeritierte Passauer Bischof Wilhelm Schraml am 8. November in Altötting im Alter von 86 Jahren gestorben. Seit der Emeritierung 2013 hatte er sich in den bayerischen Wallfahrtsort zurückgezogen, der seiner kernigen Marienfrömmigkeit entsprach.
In Passau erwartete ihn ein undankbares Erbe
Elf Jahre lang stand der Bäckerssohn aus der Oberpfalz dem Heimatbistum des bayerischen Papstes als Oberhirte vor. In der persönlichen Begegnung mitunter kantig, aber immer glasklar in seinen katholischen Überzeugungen, wechselte Schraml 2002 aus seinem Heimatbistum Regensburg ins turbulente Passau. Dort erwartete den „Neuen“ ein undankbares Erbe: Misswirtschaft, ein rebellischer Klerus und der Schatten des Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner. Schraml hielt aus, holte Rat von McKinsey ein, ordnete die Pfarrseelsorge neu und stützte in der Bischofskonferenz als stellvertretender Vorsitzender der Familienkommission die Mitbrüder auf der Seite des Kölner Kardinals Meisner.
Eine wichtige Aufgabe erfüllte er im Pontifikat des bayerischen Papstes. Schraml hielt loyal zu Benedikt, dessen Theologie er sehr schätzte. Dass der Papstbesuch in Altötting zu den besonders eindrucksvollen Stationen der Bayernreise wurde, lag nicht zuletzt daran, dass die Chemie zwischen dem Ortsbischof und Benedikt XVI. eindeutig stimmte. In gewisser Weise war Schraml als Gastgeber des Papstes auch dessen Kreuzträger: Die radikalen Reformvorstellungen von Gruppen wie den „Passauer Priestern im Dialog“ gipfelten schließlich in Rücktrittsforderungen gegen den Bischof, der nicht von der Lehre der Kirche abrückte.
In seinen Bemühungen um Neuevangelisierung konnte sich Schraml als Emeritus immerhin durch seinen Nachfolger Stefan Oster SDB bestätigt sehen. Beide verband die Liebe zur eucharistischen Anbetung. Die glückliche Konstellation, dass der emeritierte Bischof und sein Nachfolger Seite an Seite für die Evangelisierung arbeiten, gehörte zu den guten Früchten von Schramls Amtszeit. Den nächsten Adoratio-Kongress kann er nun von oben begleiten.
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