Macht der Titel "Miss Germany 2023" es leichter, die christliche Botschaft zu vermitteln, weil es einfach eine tolle Auszeichnung für eine junge Frau ist?
Es ist wohl so, dass ich dem Model-Klischee entspreche: nordischer Typ, groß, schlank, lange Haare. Aber ich möchte nicht reduziert werden auf mein Aussehen. Menschen sollen mich als ganz normale junge Frau wahrnehmen, die sich manchmal ein bisschen bunter anzieht oder auch laut sein kann. Und genauso möchte ich zeigen: Kirche kann laut, bunt und cool sein. Das habe ich so erlebt, was für mich ein großes Privileg ist.
Wenn durch mich gewisse stereotype Bilder von Kirche in den Köpfen der Menschen zurechtgerückt werden, dann finde ich das supergenial.
Wie wollen Sie Ihren Glauben vor allem an Gleichaltrige weitergeben?
Ich möchte meine Siegprämie in Jugendarbeit investieren, indem ich eine Jugendplattform gründe, die jedoch nicht primär christlich ist. Aus meiner kirchlichen Jugendarbeit weiß ich, dass bei Jugendlichen eine Hemmschwelle beim Thema Glauben da ist. So wie bei mir auch eine Hemmschwelle da war, bevor ich eine überzeugte Christin geworden bin.
„Der Jugendleiter hat mich beim Hereinkommen umarmt und gesagt: ,Kira, es ist so schön, dass du da bist. Niemals zuvor habe ich mich so wahrgenommen gefühlt wie in diesem Moment. Das hat ganz viel für mich verändert. Es war so ein kleiner "gamechanger" in meinem Leben, denn ich habe gemerkt, dass mich Menschen annehmen, auch wenn ich nichts leiste.“
Wenn Sie sich auf die Bühne stellen und sagen: Ihr müsst alle Jesus kennenlernen und ihm nachfolgen, dann ernten Sie schräge Blicke.
Mein Jugendkreis wird daher neutral ausgerichtet sein. Aber ich werde trotzdem über meinen Glauben sprechen und Zeugnis ablegen. Am Ende brauche ich sicherlich auch Gottes Zutun, um den Jugendlichen Christus nahezubringen.
Sind Sie von Ihrer Herkunft her christlich geprägt?
Meine Familie ist auf Oberschwaben-Art gläubig. Es wird so ein wenig geglaubt, aber eigentlich nicht richtig. Dennoch haben meine Eltern mir und meinen drei Geschwistern christliche Grundwerte vermittelt. Vor dem Essen haben wir immer gebetet und zu Weihnachten sind wir in den Gottesdienst gegangen. Aber so eine wirkliche und enge Gottesbeziehung haben sie wohl nicht.
Sie haben erwähnt, dass bei Ihnen selbst ursprünglich wenig Glaube vorhanden war wie hat sich das geändert?
Eine Zeitlang war in meinem Leben einiges passiert und nach dem Realschulabschluss beschloss ich, Abstand von der Vergangenheit zu nehmen und neu anzufangen. Damals haben mich zwei ehemalige Mitschülerinnen bearbeitet, dass ich in den Jugendkreis der evangelischen Kirche mitkommen solle. Das Umfeld dort war so völlig anders als alles, was ich zuvor gekannt habe. Der Jugendleiter hat mich beim Hereinkommen umarmt und gesagt: ,Kira, es ist so schön, dass du da bist. Niemals zuvor habe ich mich so wahrgenommen gefühlt wie in diesem Moment. Das hat ganz viel für mich verändert. Es war so ein kleiner "gamechanger" in meinem Leben, denn ich habe gemerkt, dass mich Menschen annehmen, auch wenn ich nichts leiste. Das war großartig und diese Erfahrung möchte ich nun an Jugendliche weitergeben.
Was sind die nächsten Schritte?
Ich möchte Religions- und Gemeindepädagogin werden, aber ich werde jetzt erst mal zwei Semester pausieren und nach Magdeburg zurückziehen. Dort habe ich gemeinsam mit zwei anderen Frauen eine Jugendgemeinde gegründet, bevor ich mich bei "Miss Germany" bewarb.
In Ostdeutschland gibt es kaum Jugendangebote, gerade in Sachsen-Anhalt bekennen sich nur wenige Menschen zum Christentum. Aber ich erlebe dort ganz viel Offenheit und habe das Gefühl, da ist viel Potenzial vorhanden. Ich selbst habe Kirche immer cool erlebt und ich wünsche mir manchmal, dass andere Menschen die Kirche mit meinen Augen sehen und sich ein ganz neues Bild von ihr machen. Das würde so viel verändern, denn wir brauchen vor allem junge Menschen, die nachrücken.
Lesen Sie häufig in der Bibel?
Ja, Lobpreis und Bibellesen sind mein Zugang zu Gott, sozusagen mein täglich Brot. Selbstverständlich gehört das Bibel-Studium auch zu meiner Ausbildung ich absolviere ein vierjähriges Theologiestudium an einem theologischen Seminar, nicht an einer Universität.
Wir lernen auch Griechisch und haben so die Möglichkeit, die Bibel in der Ursprache zu lesen. Dadurch ist ein noch tieferes Verständnis gegeben, was sehr interessant und berührend ist.
Gibt es etwas, was die Heilige Schrift Sie gelehrt hat und was Sie in Ihre Arbeit einbringen können?
Ich denke an Matthäus 25,40: "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." Immer wieder stellt sich die Frage: Wie begegne ich eigentlich meinen Mitmenschen? Ausgehen sollte ich dabei von der Überlegung: Wie würde ich Jesus begegnen? Dem würde ich nur Gutes wollen. Die Maxime sollte also sein: So wie wir Jesus begegnen würden, sollten wir jedem Menschen begegnen. Denn sobald wir die Perspektive unseres Gegenübers einnehmen, können wir Konflikte viel besser angehen und lösen. Ich denke, es färbt auf andere Menschen ab, wenn man ruhig bleibt und nicht gleich ausrastet oder fiese Kommentare hinterlässt. Sondern es stattdessen einfach mit Nächstenliebe versucht.
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