Papst Franziskus war gerade auf dem Weg zum Weltkongress der Religionen in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan, da kam schon die Nachricht von einem weiteren Konflikt: Aserbaidschan nutzt die Gelegenheit, dass Armeniens Schutzmacht Russland „abgelenkt“ ist und hat das Nachbarland wieder einmal angegriffen. Heftige Gefechte fordern viele Tote auf beiden Seiten.
"Dritter Weltkrieg auf Raten"
Erst am Samstag hatte Franziskus noch in Rom vor der vatikanischen Akademie der Sozialen Wissenschaften seine große Sorge zum Ausdruck gebracht, dass der von ihm immer wieder genannte „Dritte Weltkrieg in Raten“ nun in einen „totalen Weltkrieg“ überzugehen drohe. Er rief zum Gebet auf, dass die Menschheit vor einem Atomkrieg verschont bleibe. Angesichts der Tatsache, dass der Autokrat Putin jetzt in der Ukraine mit dem Rücken zur Wand steht und jederzeit zu taktischen Atomwaffen greifen könnte, ist der Aufruf des Papstes alles andere als aus der Luft gegriffen.
Am Mittwoch hatte Franziskus die Ehre, beim Friedenstreffen vor den Religionsführern den Hauptvortrag zu halten, in dem er die politischen Führer in der Welt dazu aufrief, endlich das Wohl ihrer Völker in den Mittelpunkt zu stellen. Am Vortag hatte er vor Diplomaten und Vertretern des zivilen Lebens erstmals die russische Invasion als Auslöser des Ukraine-Kriegs bezeichnet. Dass der Kriegstreiber Kyrill in Nur-Sultan fehlt, ist bezeichnend. Auf ihn war es gemünzt, als der Papst am Mittwoch in seiner Ansprache sagte: „Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen!
Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg.“ Denn das war immer die Intention dieser Weltfriedenstreffen der Religionen, die auf Johannes Paul II. zurückgehen: Dass in Sachen Krieg oder Frieden die Religionen nie Teil des Problems, sondern immer Teil der Lösung sein müssen
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