Im Blickpunkt

Ein Konkordat ist kein Superdogma

Die Bonner Fakultät beansprucht das Monopol auf die wissenschaftliche Ausbildung der Kölner Seminaristen. Doch es ist Zeit, an die Zukunft der Kandidaten zu denken.
Debatte um Kölner Hochschule
Foto: Oliver Berg (dpa) | Im Erzbistum Köln herrscht bei den Priesterausbildern unüberhörbare Erleichterung über die Möglichkeit, mit der KHKT eine Alternative zur Bonner Fakultät anbieten zu können.

Im Streit um die Priesterausbildung an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) spiegelt sich der Verteilungskampf um theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten. Die akademische Priesterausbildung unter dem Dach des Staates stellt eine deutsche Sonderkonstruktion dar, für die in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft das Verständnis schwindet – zumal, wenn Professoren mitunter mehr Kollegen neben sich als Studenten vor sich haben.

Überleben aller theologischen Fakultäten ist unrealisitsch

In der Deutschen Bischofskonferenz gilt das Überleben aller theologischen Fakultäten in Deutschland als unrealistisch. Für die Bonner bedeutet es fraglos eine Enttäuschung, dass die deutschen Bischöfe Münster als einzigen nordrhein-westfälischen Standort für die künftige Priesterausbildung ins Auge fassen. Allerdings hat das Erzbistum Köln erkannt, dass die KHKT eine Chance für den Priesternachwuchs darstellt. Denn auch an der Uni beflügelt Wettbewerb die Arbeit. Die vielbeschworene Wissenschaftsfreiheit ist an staatlichen Universitäten kein Selbstläufer. Erst im Herbst 2021 kam die Universität Bonn nicht umhin, sich von einem ideologisch aufgeladenen Leitfaden des Gleichstellungsbüros zum Umgang mit Inhaltshinweisen in der Lehre distanzieren.

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Es ist bemerkenswert, dass in den Verlautbarungen der Bonner Universität die Erwartungen der Priesteramtskandidaten selbst mit keiner Silbe erwähnt werden. Wäre die Bonner Fakultät die bestmögliche Option und die KHKT „überflüssig“, würden die Kandidaten von selbst abspringen. Wer heute Priester wird, hat in der Regel Lebenserfahrung und überlegt sich genau, wofür er sich entscheidet. Die Zeiten, in denen die Mehrzahl der Seminaristen unmittelbar nach dem Abitur ins Seminar eintrat, sind vorbei. Viele haben bereits eine Ausbildung oder ein Studium in der Tasche, wenn sie sich für das Theologiestudium entscheiden.

Laientheologen statt Seminaristen?

An der Debatte um die Priesterausbildung im Erzbistum Köln zeigen sich auch die falschen Erwartungen, die von den Fakultäten jahrzehntelang geschürt wurden. Obsolet ist die Vorstellung, Laientheologen könnten die Plätze der ausbleibenden Seminaristen einnehmen. Und: Ist die Bonner Fakultät für Kandidaten gerüstet, die wissenschaftliche Theologie aus dem Glauben der Kirche heraus betreiben wollen? Im Erzbistum Köln herrscht bei den Priesterausbildern unüberhörbare Erleichterung über die Möglichkeit, mit der KHKT eine Alternative zur Bonner Fakultät anbieten zu können. Denn die Unzufriedenheit vieler Priesteramtsanwärter mit der Ausbildung in Bonn lässt sich mit dem Hinweis auf das Konkordat nicht beantworten. Konkordate sind weder Superdogmen noch zementieren sie Bildungsmonopole.

Wer das akademische Theologiestudium an einer staatlichen Fakultät nur als Mittel zum Zweck betrachten soll, das um der Priesterweihe willen durchgezogen werden muss, sucht sich möglicherweise bald eine grünere Wiese. Die KHKT ist ein Stachel im Fleisch derer, die bisher die Augen davor verschlossen haben, dass junge Menschen mit Interesse am Theologiestudium zunehmend im Ausland nach Alternativen zu den hiesigen Fakultäten suchen. Insofern liegt die KHKT mit ihrem von der ehemaligen Steyler Hochschule übernommenen internationalen Ansatz richtig.

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