Die niederländischen Bistümer haben die Ergebnisse der Befragungen für die Weltbischofssynode veröffentlicht. Man lese und staune: Die gemeinhin als besonders liberal geltenden Niederländer sind gar nicht so liberal. Ganz offensichtlich haben sie den progressiven Peak überwunden und schaffen es, auf synodale Weise fortschrittlich zu denken, ohne den Boden der Katholizität zu verlassen. Statt des erwarteten Rückenwinds bekommen die Deutschen von ihren ausländischen Nachbarn einen weiteren Nachdenkzettel.
Was ist möglich statt was ist erlaubt
Zwar sind in den acht niederländischen Diözesen auch die Themen Zölibat, Homosexualität und Frauenweihe aufgekommen. Aber dabei geht es den Gläubigen auch um die Frage, wie Menschen aller Couleur grundsätzlich mehr einbinden und ihnen das Gefühl geben kann, erwünscht und wichtig zu sein. Sie zeigen, wo der Schuh drückt, finden aber auch, „dass mehr Aufmerksamkeit darauf gelegt werden sollte, was möglich ist, anstatt auf das, was nicht erlaubt ist“.
Mehrfach wurde der Wunsch geäußert nach guten Katechesen, Glaubensunterweisung, Gottesbeziehung, Mission, Jüngerschaft sowie danach, das Unterscheiden zu lernen. Alles Gedanken, die man in den Texten des Synodalen Wegs in Deutschland vergeblich sucht. Auch Synodalität steht in den Niederlanden nicht bloß auf dem Papier, sondern wurde in den Sitzungen zur Vorbereitung auf die Weltsynode erlebt, wie es in den Berichten heißt.
In Beziehung mit Christus investieren
Immer wieder erinnern die Niederländer an ihre Identität als Kinder Gottes und verweisen auf Christus. Wörtlich gaben Gläubige so oder ähnlich zu Protokoll: „Wir müssen uns entwickeln und als Christen (sichtbarer) reifen, in erster Linie in Selbstreflexion und vor allem in die Beziehung mit Gott investieren….“
Das ist ein echter Fortschritt. Wenn der auf ein geistliches Tief folgt, kann man auch in Deutschland auf Licht am Horizont hoffen. In den Niederlanden gibt es zahlreiche Pfarreien, die gute Katechese hochhängen und die Sakramente schon den Kleinsten nahebringen, die Jesus als den guten Hirten ganz selbstverständlich kennenlernen dürfen. Es gibt gut besuchte Anbetungen, flotten Lobpreis, man spricht über den Glauben und sucht nach einer Sprache, die Menschen heute verstehen.
Mission mit Sprache, die Menschen verstehen
Das ist auch ein Anliegen von Roderick Vanhögen, einem Priester aus Amersfoort, der seit 2005 ein umfangsreiches Medienapostolat entfaltet, „um Menschen zu erreichen, die sonst nie in die Nähe einer Kirche kommen“, und zwar mit einer „Sprache, die Menschen verstehen“, sagt der auch über die Niederlande hinaus bekennende Star-Wars-Fan. Vanhögen schafft es, mit Augenzwingern und einer „Prise typisch katholischer Fröhlichkeit“, wie er in einem Buch schreibt, eine Brücke von der Popkultur zu Jesus zu schlagen.
Das ist in Christus verankertes Beispiel echter Reform. Höchste Zeit, dass die Deutschen von ihrem hohen Ross heruntersteigen und über ihren Tellerrand ins Ausland blicken: In die Niederlande, aber auch nach Asien und Afrika, wo die Kirche besonders wächst und es vorbildlichen Priesternachwuchs gibt.
Von den Niederländern jedenfalls können die Deutschen lernen, dass sie sich sparen können, den Progressismus auf babylonische Höhen zu treiben. Als Leitmotiv für den Synodalen Prozess könnte gelten, was das Bistum Breda in schreibt: „Wirkliches Wachstum und echte Vertiefung beginnt mit der Wiedererlangung und Vertiefung der eigenen christlichen Identität, einem erneuerten Bewusstsein darüber, was es heißt, Jünger Christi zu sein.“
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