Das Schreiben des Papstes an das Volk Gottes wirft viele Fragen zur Situation der erneut wegen sexueller Missbrauchsfälle am Pranger stehenden Kirche auf. Als kollektives Schuldbekenntnis formuliert, reiht es sich ein in päpstliche Schambekundungen über Verfehlungen der Institution. Fraglich bleibt, wo sich die Mehrzahl der unbescholtenen Priester und Laien in der Forderung nach konkreter Umkehr wiederfinden kann. Die Frommen und Redlichen beten und fasten ohnehin. Fernstehende werden sich von der Aufforderung zur Buße provoziert fühlen. Getaufte ohne religiöse Praxis reagieren eher mit Kirchenaustritt auf Missbrauchsfälle in der Kirche als mit Gebet, stellvertretender Sühne oder kollektivem Schuldbewusstsein.
IM BLICKPUNKT
Papstbrief mit offenen Fragen
Die vom Papst erhoffte Gnade der Umkehr braucht zweifellos Gebet, aber auch eine Wiederentdeckung des Glaubens, der Sakramente und der Disziplin. Von Regina Einig