„Der Gott, den es nicht gibt, in mir ein dunkler Riß,/ ist meiner Seele nah, sooft ich ihn vermiß.“ Dieser Zweizeiler von Christian Lehnert in seinem neuen, dem sechsten Gedichtband steht ganz allein auf einer Seite. Er ist ein vollständiges Gedicht, wie es schöner und vollkommener kaum sein kann. Nur Angelus Silesius hat so etwas vermocht. Mit einer Wucht die menschliche Seele zu ergreifen, leer zu machen für Gott. Das ist Mystik. Nach seinem Großessay „Korinthische Brocken“ über Paulus, 2013 bei Suhrkamp erschienen, ist Lehnert zur Dichtkunst zurückgekehrt. Und wie! Lehnert ist vermutlich ein Ausnahmedichter, wie es sie sonst nicht gibt in der Gegenwart.
Der Moment, wo Sprache verloschen ist
Zwischen Vergeblichkeit und der Zusage des Heils: Christian Lehnerts neuer Gedichtband „Windzüge“. Von Ilka Scheidgen