Auch die Kirche ist gestiftet

Wie gemeinnützige Stiftungen das zivile Leben bereichern und dem Stiftungszweck nachhaltig dienen. Von Christoph Konopka
Versteigerung aus Nachlass Kardinal Meisner
Foto: dpa | Die deutsche Stiftungskultur boomt. Der Erlös des siebenhundert Jahre alten Klappaltars, der sich im Privatbesitz des verstorbenen Joachim Meisner befand, floss mit 400 000 Euro in die Kardinal-Meisner-Stiftung, ...

Wer die Statistik des Bundesverbandes der Stiftungen betrachtet erkennt, dass der Stiftungsboom in Deutschland ungebrochen ist. Die Zahlen sind beachtlich und sprechen für die weiter wachsende Stiftungskultur. Bundesweit gibt es rund 22 000 rechtsfähige Stiftungen, und 2017 sind allein 549 neue hinzugekommen.

Anders als ein Verein hat eine Stiftung dabei keine Mitglieder. Sie gehört sich quasi selbst, auch nicht mehr den Stiftenden, die ihrer Stiftungsidee vielleicht viel Herzblut mit auf den Weg gegeben haben. Auch ohne Mitglieder tragen viele Menschen zum Erfolg einer Stiftung bei. Das sind neben dem jungen oder dem schon lange verstorbenen Stifter der Stiftungsmanager und seine Mitarbeiter, die Mitglieder des Kuratoriums, die Spender und nicht zuletzt diejenigen jungen und alten, kranken, behinderten oder geflohenen Menschen, die von einer Stiftung unterstützt werden. Der Tag der Stiftungen am 1. Oktober ist daher für viele ein gutes Datum.

Alternative Stiftungsformen

Es gibt alternative Stiftungsformen: Tatsächlich verfolgen 95 Prozent aller Stiftungen in Deutschland ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Was gemeinnützig sein kann, bestimmt das Steuerrecht in der Abgabenordnung, die Raum für einen gesellschaftlichen Wandel lässt.

Bildung und Wissenschaft sind beispielsweise populär geblieben. Aber anders als früher steht heute etwa der Umwelt- und Tierschutz nun in vielen Satzungen. Und manch einer macht heute vielleicht sein Testament zugunsten einer Stiftung für Flüchtlingshilfe.

Es gibt viele Formen, die den Namen Stiftung tragen. Beim Stiftungsfonds, der vielleicht den Namen eines Stifterehepaars verewigt, wird ein Betrag einer bestehenden Stiftung anvertraut. Dagegen hat die Treuhandstiftung schon eine eigene Satzung, ist steuerrechtlich gesehen selbstständig und wird durch den Treuhänder vertreten.

Die rechtlich selbstständige Stiftung ist nicht nur steuerlich, sondern auch rechtlich eine eigene juristische Person, die für sich selbst handelt. Und nicht zuletzt kann es Vereine, GmbHs oder sogar Aktiengesellschaften geben, die das Wort Stiftung in ihrem Namen führen.

Befinden sich Stiftungen in einer Krise? Die Frage bei einer Stiftungsgründung ist: Wie viele Erträge sind aus dem Stiftungskapital zu erwarten, die wieviel an eigener Organisation rechtfertigen? Wie soll der gute Zweck erreicht werden, als Förderstiftung oder in eigener Regie? Wenn das Kapital ausnahmsweise ausgegeben werden darf, könnte es eine Verbrauchsstiftung werden? Soll neben dem Finanzamt als zweite Behörde auch die Stiftungsaufsicht die Stiftung kontrollieren und für die Zukunft absichern? Und wie stark will sich der Stifter in ein Aufsichtsgremium oder die aktive Stiftungsarbeit einbringen? Dies alles will klug bedacht sein, bevor die Stiftenden sich von ihrem Vermögen trennen und ihre Stiftung nach der staatlichen Anerkennung nicht einfach wieder auflösen können. Aktuell haben Stiftungen in Deutschland rund 68 Milliarden Euro als Kapital gesammelt. Dies ist beachtlich, denn eine gemeinnützige Stiftung ist ein Vermögen, das dem gemeinnützigen Zweck dauerhaft geschenkt worden ist. Das Kapital wird nicht angetastet, es soll ja ewig erhalten bleiben. Nur die Zinserträge und darüber hinaus eingeworbene Spenden werden für die Stiftungsarbeit eingesetzt.

Dies stellt zunehmend ein Problem dar. Rund ein Drittel der Stiftungen erwartet nach einer Umfrage des Bundesverbandes in Berlin wegen der Nullzinspolitik keine ausreichenden Erträge, um nach Ausgleich der Inflation und eigener Kosten das Stiftungskapital zu erhalten. Bei kleinen Stiftungen, die in der Statistik mit einem Kapital bis 1 Million Euro geführt werden, soll das Problem größer als bei alten und großen Stiftungen sein. Stiftungen suchen deshalb nach Auswegen, setzen auf Substanzwerte wie Mietobjekte und Aktien, Immobilienfonds oder alternative Investments. Hier ist die Kunst einer klugen und langfristig ertragreichen Vermögensverwaltung gefragt, wenn man den Stiftungszweck nachhaltig verwirklichen möchte.

Wachsendes Feld der Stiftungskooperationen

Was gemeinnützigen Stiftungen anders als üblichen Geldanlegern möglich ist, beschreibt das wachsende Feld der Stiftungskooperationen. Es gibt mittlerweile einen Markt für Netzwerker, die gemeinsam mit anderen Stiftungen und Förderern ihren guten Zweck voranbringen, indem sie gemeinsame Projekte finanzieren.

Oder ein Stiftungsmanager entdeckt das Fundraising, das heißt er sammelt kleine und große Spenden, Vermächtnisse und Erbschaften, um die fehlenden Kapitalerträge auszugleichen. Eine gemeinnützige Stiftung ist dabei im Vorteil, weil Zustiftungen in den Vermögensstock bis eine Million Euro steuerlich privilegiert sind, auch wenn der Spender die Grenze seiner abzugsfähigen Spenden schon überschritten hat.

Doch jenseits von Geldanlage und Statistik bleibt, dass gemeinnützige Stiftungen unsere zivile Gesellschaft bereichern, indem sie über lange Zeit wichtige Impulse setzen, die der Einzelne und der Staat nicht leisten können. Für jemanden, der sich der Kirche verbunden sieht, ist das leicht zu verstehen. Auch die Kirche ist gestiftet.

Zu wünschen ist, dass viele den Mut haben, als Stifterinnen und Stifter in die Zukunft der Kirche zu investieren, zum Beispiel in missionarische Jugendarbeit, den Lebensschutz, in die Priesterausbildung. Nicht zuletzt der katholische Journalismus ist ein lohnendes Ziel für eine (Zu)Stiftung.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Stiftungsmanager.

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