Das zumindest hat Jörg Meuthen geschafft: Mit seinem Austritt aus der AfD stand er noch einmal mitten im medialen Interesse. War es zum letzten Mal? Wenn es nach dem 60-Jährigen geht, dann wohl nicht. In Interviews kündigte er an, er plane eine politische Zukunft. Zwischen CDU, die zu links geworden sei, und der AfD, die sich immer weiter radikalisiere, klaffe eine Lücke. Und dieses parteipolitische Niemandsland will er wohl bestellen. Wie und in welcher Konstellation– das hat er noch nicht verraten.
Es wäre falsch, Meuthen zur Heldengestalt zu stilisieren
Es wäre nicht das erste Parteiprojekt eines Ex-AfD-Vorsitzenden. Bernd Lucke wie Frauke Petry sind mit ihren gescheitert, allzu große Hoffnungen sollte sich auch Meuthen nicht machen. Wie es überhaupt falsch wäre, den Europaparlamentarier nun zu einer Heldengestalt zu stilisieren. Gewiss, in der Zustandsbeschreibung seiner alten Partei ist ihm zuzustimmen. Nur ist diese Lage nicht das Ergebnis einer Entwicklung der letzten Tage, eher schon der letzten Jahre. Es gehört also wenig Mut dazu, jetzt, wo es offenbar rein machtpolitisch in der AfD für ihn nichts mehr zu holen gab, endlich die Konsequenzen zu ziehen.
Meuthen hat wie seine Vorgänger Lucke und Petry die Zauberlehrling-Erfahrung gemacht: Die Kräfte, die er rief (und mit denen er, solange es ihm zum Vorteil gereichte, zusammengearbeitet hat), wurde er zum Schluss nicht mehr los. Aus dieser Zauberlehrling-Erfahrung sollten jene, die sich parteipolitisch heimatlos fühlen, weil sich sich tatsächlich in der Lücke zwischen Union und AfD verorten, lernen. Das Gefühl, dass die eigenen Mitte-Rechts-Positionen von den etablierten Parteien nicht aufgegriffen werden, ist keine Begründung dafür, sich aus taktischen Überlegungen mit radikalen Gruppen zusammenzuschließen. Denn am Ende wird man von den Radikalen gefressen. Da hilft alles Klagen nicht, sondern nur politischer Realismus.
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