Der US-Kongress hat einmütig ein neues „Taiwan-Reisegesetz“ (Taiwan Travel Act) gebilligt. Es erlaubt Treffen von Vertretern der USA und Taiwans „auf allen Ebenen“. Dabei unterhalten beide Länder keine offiziellen diplomatischen Beziehungen. Peking hat das Gesetz, das erst nach der Unterschrift von Präsident Donald Trump in Kraft tritt, als Verstoß gegen die Ein-China-Politik verurteilt. Wie die „New York Times“ schreibt, hätten Vertreter des Weißen Hauses nicht sofort auf die Frage geantwortet, ob Trump das Gesetz unterzeichnen werde. „Es wäre aber ungewöhnlich für einen Präsidenten, wenn er ein Veto einlegte gegen eine Maßnahme, die vom Kongress einmütig befürwortet werde“, so die New York Times.
Das Reisegesetz autorisiert amerikanische Regierungsvertreter auch auf Kabinettsebene, nach Taiwan zu reisen und taiwanische Amtskollegen zu treffen. Ebenso soll es hochrangigen Vertretern Taiwans erlaubt sein, in die USA zu reisen und sich auch mit Repräsentanten des US-Außen- und Verteidigungsministeriums sowie anderer Regierungsbehörden zu treffen.
Schon bisher wurde in den USA auch im Rahmen der „Ein-China-Politik“ kein so streng gehandhabtes Besuchsverbot für führende Repräsentanten Taiwans wie in Deutschland und der EU praktiziert. Der Kotau der europäischen Demokratien vor der mächtigen Volksrepublik China geht tiefer. Die demokratisch gewählten obersten Repräsentanten Taiwans – Präsident, Vizepräsident, Premierminister, Außen- und Verteidigungsminister – dürfen nach Deutschland und in die EU auch zu keinem inoffiziellen Treffen einreisen.
Die taiwanische Präsidentin Tsai Ing-wen war seit ihrer Amtsübernahme 2016 sechs Mal bei einem Zwischenstopp auf dem Weg in andere Länder in den USA. Bei einem Zwischenaufenthalt im Juli 2016 in Los Angeles traf sie auch mit dem früheren Präsidenten Bill Clinton und dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul D. Ryan, zusammen.
Das „Taiwan-Reisegesetz“ verweist auf den „Taiwan Relations Act“ (TRA), das Gesetz über die Beziehungen der USA zu Taiwan aus dem Jahr 1979. Es verpflichtet die USA auch nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Peking Taiwan weiterhin Waffen zur Selbstverteidigung zu liefern. Das Reisegesetz bezeichnet den „TRA“ als „Anker“ für Sicherheit und Frieden im Westpazifik. Seit dem Inkrafttreten des TRA hätten die amerikanisch-taiwanischen Beziehungen jedoch unter mangelnder Kommunikation auf hoher administrativer Ebene und selbst auferlegten Restriktionen gelitten.
„Die Vereinigten Staaten“, heißt es im Taiwan Travel Act auch, „betrachten jedes Bestreben, die Zukunft Taiwans anders als mit friedlichen Mitteln bestimmen zu wollen, einschließlich Boykotte oder Embargos, als Bedrohung des Friedens und der Sicherheit im westlichen Pazifik“. Zugleich würdigt das Gesetz die Demokratie Taiwans, die ein „Leuchtturm“ in Asien sei.
Die chinesische „Global Times“, ein Sprachrohr der kommunistischen Partei, verkündete, China werde dafür sorgen, dass sowohl Taiwan als auch die USA „einen Preis zahlen werden“ für hochrangige gegenseitige Treffen. Auch wenn „relevante Sätze“ in dem Reisegesetz nicht rechtlich bindend seien, stellten sie doch einen ernsten Verstoß gegen das „Ein-China-Prinzip“ dar. Militärisch habe sich durch die Stärke der Volksbefreiungsarmee die Situation in der Taiwanstraße „fundamental geändert“. Sie verfüge inzwischen über vorher noch nie dagewesene strategische Optionen.
Chinas Behörde für Taiwan-Angelegenheiten erklärte, man warne Taiwan eindringlich, sich „nicht auf Ausländer zu verlassen“. Damit zöge Taiwan „nur Feuer“ auf sich. Die kommunistische Staatszeitung „China Daily“ schrieb, wenn Tsai Ing-wen an ihrem politischen Kurs festhalte, führe dies „unausweichlich zur Anwendung des Anti-Sezessions-Gesetzes, das Peking erlaubt, militärische Gewalt bei einem Abspaltungsversuch Taiwans zu gebrauchen“.
China ignoriert mit dem völkerrechtswidrigen Anti-Sezessionsgesetz, dass Taiwan, selbst wenn man es nicht als eigenen Staat betrachtete, mindestens ein „stabilisiertes De-facto-Regime“ darstellt, demgegenüber ebenfalls das in der Charta der Vereinten Nationen verankerte Gewaltverbot gilt.