Washington

USA und China: Konkurrenz, Kooperation, Konfrontation

Die China-Politik stellt für US-Präsident Biden eine Gratwanderung dar. Aber er ist entschlossen zu zeigen: Die USA haben das bessere Blatt auf der Hand.
Bidens China-Politik
Foto: Lintao Zhang / Pool (Getty Images AsiaPac POOL) | Aus der harschen Rhetorik, die das erste Jahr Bidens im Weißen Haus prägte, wird deutlich: Der demokratische Präsident nimmt die Bedrohung durchaus ernst, die vom „Reich der Mitte“ ausgeht – militärisch, ...

Wenn der amtierende US-Präsident Joe Biden vom Kampf westlicher Demokratien gegen autokratische Systeme spricht, hat er China ganz besonders im Blick. Jüngst nannte er die Volksrepublik beispielhaft als Land, in dem die „Gier einiger weniger“ und ein „selbstsüchtiger Autokrat“ das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes unterdrückten.

Die wirtschaftlichen Verflechtungen sind eng

Aus jener harschen Rhetorik, die das erste Jahr Bidens im Weißen Haus prägte, wird deutlich: Der demokratische Präsident nimmt die Bedrohung durchaus ernst, die vom „Reich der Mitte“ ausgeht – militärisch, wirtschaftlich, technologisch. Schon sein Amtsvorgänger Trump war von einem eher auf Versöhnung und Annäherung ausgerichteten Kurs abgewichen. Biden setzt die Kursverschärfung in der China-Politik nun quasi nahtlos fort. 

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Konkurrenz, Kooperation, Konfrontation: Mit diesen drei Schlagworten lässt sich der Standpunkt der Biden-Regierung gegenüber China umreißen. Das asiatische Land hat sich als Wirtschaftsmacht etabliert, die mindestens in derselben Gewichtsklasse kämpft wie die USA. Die wirtschaftlichen Verflechtungen sind eng – im Jahr 2020 betrug das Handelsvolumen insgesamt 560 Milliarden US-Dollar. Chinesische Unternehmen drängen seit einigen Jahren immer aggressiver auf den US- wie auch auf den Weltmarkt vor. Der Online-Händler Alibaba konkurriert mit Amazon, der auf Smartphones spezialisierte Hersteller Huawei nimmt es mit Apple auf, die Videoplattform TikTok bietet Facebook Paroli. 

Viele US-Unternehmen drohen abgehängt zu werden – was Biden vor ein Dilemma stellt: Wirtschaftliche Unterlegenheit führt zu Abhängigkeit, und Abhängigkeit schwächt die Verhandlungsposition der USA. In der Herstellung von Chips und Halbleitern, die für Smartphones und Computer essenziell sind, beherrscht China den Markt. Die USA streben zwar nach mehr Autonomie – der Prozess ist jedoch langwierig und kostspielig. 

Biden setzt Trumps Handelsabkommen fort

Verfolgt man gemeinsame Ziele, wie etwa die Bekämpfung des Klimawandels, so sind die USA auf Kooperation mit dem kommunistischen Land angewiesen. Jedoch untergräbt hier ebenfalls eine zu große Abhängigkeit von chinesischen Unternehmen ein selbstbewusstes Auftreten der USA. Wichtige Technologie für saubere Energie, wie etwa Solarzellen, stellt China am günstigsten bereit. Dazu kommt: Hohe Importzölle und Einfuhrbeschränkungen, wie sie die Trump-Regierung zunächst erlassen, dann wieder teilweise reduziert hatte, erweisen sich eher als kontraproduktiv. 

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Trotz aller Muskelspiele war es Trump, der 2020 ein umfassendes Handelsabkommen mit China abgeschlossen hatte. Darin verpflichtete sich das Land, landwirtschaftliche Produkte, Industrieerzeugnisse sowie Energieträger im Wert von 200 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Auch wenn die Umsetzung bislang stockt – Biden entschied sich, an dem Abkommen festzuhalten. 

Trotz allem scheut Biden nicht die Konfrontation. So erklärte die US-Regierung jüngst, die Olympischen Spiele in Peking aufgrund anhaltender Menschenrechtsverletzungen diplomatisch zu boykottieren. Ein weiteres Beispiel ist der Territorialstreit um Taiwan. Trotz des chinesischen Säbelrasselns hielten die USA an ihrer konsequenten Linie fest: Biden bekräftigte, im Falle chinesischer Aggression an der Seite Taiwans zu stehen. 

Demokratischer Kapitalismus auf der Probe

Man muss sich immer wieder vor Augen führen: Hier stehen sich nicht einfach zwei Länder gegenüber, sondern zwei völlig konträre Systeme. Für die USA geht es auch darum, zu beweisen, dass der westliche Ansatz des demokratischen Kapitalismus im 21. Jahrhundert noch funktioniert. In jedem Fall weiß Biden: Will man China langfristig in Schach halten, bedarf es der internationalen Zusammenarbeit: mit Europa, mit der NATO, aber auch mit Partnerländern in der Region. Eine bedeutende Rolle dabei spielen die Japaner, mit denen die USA erst letzte Woche ihr Sicherheitsbündnis intensivierten. 

Auch wenn eine offene Konfrontation der beiden Supermächte trotz allem unwahrscheinlich erscheint, nimmt die Drohkulisse immer mehr zu. Was die Basis für ein langfristig stabiles Verhältnis schaffen würde, ist gegenseitiges Vertrauen. Das aber haben China und die USA schon lange verloren.

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