Europa
Das "Recht des Stärkeren" durch die Stärke der Rechtsordnung zu ersetzen, ist eine klassisch europäische Staatsidee Von Stephan Baier
Auf den ersten Blick scheint die Grundidee der Europäischen Union bloß ein Reflex auf die tragische Erfahrung der beiden Weltkriege zu sein: Weil die Ideologie des Nationalismus und die gegeneinander ins Feld geführten Egoismen zu den schrecklichsten Kriegen der Menschheitsgeschichte führten, überwindet die Friedensidee Europa die Gegensätze in einem weiter definierten Gemeinwohl. Das wäre nicht wenig und würde allein schon allen Einsatz für die Einigung Europas rechtfertigen, wie uns heute der Krieg im Osten unseres Erdteils neuerlich schreckenerregend vor Augen führt. Selbst in historischer Perspektive zeigt sich die europäische Idee als Friedensidee.
Verbindende Idee von der Herrschaft des Rechts
Doch Frieden als Verhinderung von Krieg und zwischenstaatlicher Gewalt allein ist noch keine tragende Staatsidee, so wie die Gesundheit als Verhinderung von Krankheit und Leid noch keine tragende Leitidee für das Leben des Einzelnen ist. Was dieses Europa im Innersten zusammenhält ist eine verbindende Idee von der Herrschaft des Rechts. Als bloße Friedensidee hätte die Einigungsbewegung vielleicht einen Staatenbund konstituiert oder ein europäisches Schiedsgericht zur Lösung von Streitfragen. Eine moderne, dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtete Staatlichkeit, wie sie die Europäische Union nicht ohne Krisen und Rückschläge immer mehr herausbildet, bedarf einer solideren Grundlage.
"Iustitia fundamentum regnorum" steht in großen Lettern auf dem Heldentor zur Wiener Hofburg. Tatsächlich zieht sich die Idee, dass das Recht die Grundlage aller Herrschaft sein muss, dass der Staat somit eine rechtlich geordnete Gesellschaft ist ideengeschichtlich durch alle Epochen des Abendlands. Schon die Antike kannte die Idee des Bürgers, der nicht einfach der Willkür des Mächtigen ausgeliefert ist, sondern sich auf Bürgerrechte berufen kann. Die Beschränkung der Macht durch das Recht musste im antiken Athen, im Imperium Romanum, im Mittelalter und in der Neuzeit immer wieder neu errungen werden. Sie ist nie unangefochten, nie ein für allemal gesichert. Der ewige Kampf um die Freiheit der Person gewinnt dort eine über individuelle Selbstverwirklichung hinausreichende moralische Qualität, wo er sich mit dem wahren Gemeinwohl verbindet: im Ringen um eine gerechte Ordnung.
Nichts ist weniger abendländisch als die Tyrannei, in der ein Despot (wie immer er die Macht errang) willkürlich über eine entrechtete Masse regiert. Darum erfuhr das Europäische keine größere Negation als in den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts. Der Nationalsozialismus wie der Kommunismus waren im Kern europäische Häresien, Perversionen dessen, was Europa an Staats- und Rechtsphilosophie schuf. Die Vorstellung, dass jede Person ein natürlicher Träger von Rechten ist, und der Staat im Letzten eine richterliche Funktion hat, wurde im Abendland säkular oder religiös buchstabiert. Beide Traditionen werden im deutschen Grundgesetz sichtbar, und ebenso in der Grundrechtecharta der Europäischen Union.
Ratzinger bringt europäischen Staatsgedanken auf den Punkt
Den klassisch europäischen Staatsgedanken brachte Joseph Ratzinger auf den Punkt als er schrieb: "Wo immer Recht zerstört wird, wo immer Ungerechtigkeit Macht erhält, ist der Friede gefährdet." Darum sei es "die Aufgabe der Politik, Macht unter das Maß des Rechts zu stellen". Wo das innerstaatlich oder zwischenstaatlich verfehlt wird, empört sich der Europäer. Die Vorstellung, dass der Reichere, Stärkere, Höhergestellte die Spielregeln diktiert, dass der Bürger zum Untertanen degradiert und der Willkür der Staatsgewalt ausgeliefert wird, weckt unseren Widerwillen, weil so die Staatlichkeit ihren Sinn verfehlt. Die Vorstellung, dass der Bürger sein Recht gegen den eigenen Staat einklagen kann und unabhängige Richter darüber befinden, dass Gerechtigkeit weder käuflich noch verhandelbar ist, dass niemand über dem Recht und niemand außerhalb des Rechts steht, ist für uns Europäer die Nagelprobe der Staatlichkeit. Innerstaatlich wie zwischenstaatlich steht Putin für das genaue Gegenteil
USA
Ein "Land der Freien", gegründet auf gemeinsamen Idealen: Bis heute ist die amerikanische Staatsidee einzigartig, jedoch kein Selbstläufer Von Maximilian Lutz
"Die Position der Amerikaner ist schlicht außergewöhnlich, und man könnte meinen, dass sich kein demokratisches Volk je in einer ähnlichen wiederfinden wird." So beschrieb der französische Historiker und politische Vordenker Alexis de Tocqueville 1835 die Vereinigten Staaten in seiner Studie "Über die Demokratie in Amerika". De Tocqueville galt als einer der ersten, die die bis heute gültige Ausnahmestellung der USA auf der Weltbühne beschrieben. Ein Land, gegründet auf den geteilten Idealen der Freiheit, der Gleichheit, des Strebens nach Selbstverwirklichung und einer nahezu freien Marktwirtschaft. Bis heute ein einzigartiges Staatskonzept.
Bewusste Abgrenzung von der "alten Welt"
Das amerikanische Modell galt den Kolonisten und Gründervätern als bewusste Abgrenzung von der "alten Welt". Streng hierarchische Gesellschaften, religiöse Verfolgung, despotisch herrschende Monarchen: Die Erfahrungen auf dem europäischen Kontinent hatten sie gelehrt, dass bürgerliche Rechte, Gleichheit vor dem Gesetz und individuelles Erfolgsstreben nicht von Natur aus garantiert waren. Das demokratische Regierungssystem, das die Gründungsväter der USA entwarfen, war einfach und doch revolutionär: eine Regierung des Volkes, gewählt vom Volk durch freie, unabhängige Wahlen, für das Volk. Unterbinden wollte man die Tyrannei einer Minderheit oder eines Einzelnen. Man schuf das Prinzip der Gewaltenteilung: die "checks and balances". Exekutive, Legislative und Judikative kontrollieren sich gegenseitig und verhindern so, dass ein Zweig zu mächtig wird.
Auf die Rolle des Bürgers im Staatsgefüge hatte das protestantische Selbstverständnis entscheidenden Einfluss. Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aufstieg durch harte Arbeit galten als Zeichen, von Gott auserwählt zu sein - Scheitern hingegen als Gottes Missbilligung. Diese Vorstellung prägt bis heute das Erfolgsstreben vieler Amerikaner. Sie beförderte den Mythos, es aus eigener Kraft von ganz unten bis ganz nach oben schaffen zu können. Die grundlegenden Freiheiten und Rechte finden sich in den ersten zehn Zusatzartikeln der Verfassung, der "Bill of Rights": Zu ihnen gehören das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf freie Religionsausübung, die Pressefreiheit sowie die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit. Aber auch das Recht auf Waffenbesitz liest man an dieser Stelle. Heute immer wieder kontrovers diskutiert, stellt es für viele den Inbegriff der amerikanischen Freiheit dar.
Rechte, die nicht für alle galten
Nicht vergessen darf man jedoch, dass die bürgerlichen Rechte von Anfang an nicht für alle galten, sondern einer Minderheit vorbehalten waren: weißen protestantischen Männern mit Grundbesitz. Schwarze, Frauen, religiöse und andere Minderheiten mussten ihre Rechte bis weit ins 20. Jahrhundert hinein mühsam erstreiten: vom Bürgerkrieg über die Bewegung für das Frauenwahlrecht bis zur Bürgerrechtsbewegung. Und aller Einigkeit über die bürgerlichen Rechte und Ideale zum Trotz: Was die Rolle des Staates anbelangte, diese in der Praxis zu garantieren, klafften die Vorstellungen auseinander. Während die einen eine starke Zentralregierung befürworteten, begegnete die andere Seite dieser mit großer Skepsis und trat für dezentrale Machtzentren in Form der Einzelstaaten ein. Uneinigkeit herrschte auch über das Ausmaß staatlicher Einmischung in das Leben der Bürger. In diesem Widerstreit wurzelt das noch heute existierende Zweiparteiensystem und auch die oft beklagte Polarisierung.
Schon während der Weltkriege mussten die USA ihr freiheitliches, marktwirtschaftliches System gegen antiliberale, totalitäre Bestrebungen verteidigen. Der Zusammenstoß der Staatsideen war jedoch nie so evident wie zur Zeit des Kalten Kriegs. In der Konfrontation mit dem kommunistischen Sowjetsystem setzte sich das liberale westliche Modell zunächst durch. Heute jedoch zeigen die Muskelspiele Chinas und Russlands Krieg gegen die Ukraine, dass das Ende der Geschichte keinesfalls erreicht ist. Die Weltbühne ist unübersichtlicher geworden, multipolar statt bipolar. Die über Jahrhunderte gewachsenen, freiheitlich-demokratischen Werte sind angreifbar geworden und keineswegs selbstverständlich. Vor allem die einzigartige Demokratie Amerika ist gefordert, jene Werte im erneuten Zusammenstoß der Systeme zu verteidigen.
Russland
Nicht vor der NATO, sondern vor freiheitlichen Ideen hat Putin panische Angst. Nur sie bedrohen seine Macht Von Leonid Luks
In der Neuzeit zeichnet sich die russische Geschichte durch Allmacht des Staates und Ohnmacht der Gesellschaft aus. Die Autonomie der Stände oder der Städte, die im Westen ein Gegengewicht zur Machtzentrale darstellt, hat sich in Russland kaum entwickelt. Der russische Historiker Pawel Miljukow sagt, im Westen hätten die Stände den Staat, in Russland der Staat die Stände erschaffen. Die Macht der Moskauer Herrscher war durch keine Schranken begrenzt. Der österreichische Gesandte Sigmund Freiherr von Herberstein schrieb 1549: "Der Moskauer Großfürst verfügt aus freier Willkür über aller Leben und Gut. Von seinen Beratern hat keiner das Ansehen, um der Meinung des Herrn widersprechen zu dürfen. Sie bekennen offen: Des Fürsten Wille sei Gottes Wille, also was der Fürst tut, das tut er aus dem Willen Gottes."
Die Sklavenmentalität der Beherrschten
Tatsächlich war der Macht der Großfürsten und Zaren Schranken gesetzt, die aber nicht rechtlicher Natur waren und darum für westliche Beobachter nicht fassbar. Herberstein spricht von der Sklavenmentalität der Beherrschten: "Das Volk ist von solcher Natur, dass es sich der Leibeigenschaften mehr als der Freiheit freut." Im Reisebericht des Marquis de Custine, der 1843 erschien, wird der russische Nationalcharakter ähnlich beschrieben: "Man kann die Russen, die großen wie die geringen, von Sklaverei trunken nennen." Die Tatsache, dass Russland ab Beginn der Neuzeit unzählige Bauernaufstände und Revolten und im 20. Jahrhundert vier Revolutionen erlebt hat, vermochte dieses Russlandbild kaum zu erschüttern. Dies hat damit zu tun, dass den russischen Verfechtern der Freiheit das Image der ewigen Verlierer anhaftet. Sogar in den Perioden, in denen sie regierten, blieben sie nicht lange an der Macht und wurden bald von Kontrahenten Verfechtern der "imperialen Machtvertikale" abgelöst.
Die Tatsache, dass die Gegner eines paternalistischen, allmächtigen Staates nur für begrenzte Zeit Triumphe in Russland feiern konnten, ist darauf zurückzuführen, dass die Idee imperialer Größe und einer homogenen, durch ein einziges Ideal inspirierten Gesellschaft eine außerordentliche Faszination auf breite Teile der russischen Gesellschaft ausübt. Diese Idee hat religiöse Wurzeln. An der Schwelle zur Neuzeit galt das Moskauer Zarentum vielen Russen als uneinnehmbare Festung der Orthodoxie, als Himmelreich auf Erden. Verkörpert wurde der Staat für die Verfechter solcher Doktrinen durch die Moskauer Herrscher. Stark trug zur Verbreitung eines solchen Staatsverständnisses der Theologe Iosif Volotzki bei, dessen Doktrin keineswegs unangefochten war. Ihre Kritiker, etwa der Mönch Nil Sorskij, vertraten das Ideal einer inneren Frömmigkeit und lehnten eine enge Anlehnung der Kirche an den Staat ab. Zwar setzten sich diese Gegner des "Iosifljanstwo" nicht durch, doch hörte die von ihnen vertretene freiheitliche Tendenz nie auf, Teile der Gesellschaft zu inspirieren.
Putin nimmt Bruch mit der Moderne in Kauf
Als Peter der Große durch seine Reformen das "Fenster Russlands nach Europa öffnete", erhielten die Gegner des allmächtigen paternalistischen Staates zusätzliche Impulse für ihren Freiheitskampf. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die russische Gesellschaft ähnliche Forderungen an die Herrschenden stellen würde wie westliche Völker dies getan hatten. Diese Zeit kam in Russland 1825 mit dem Aufstand der Dekabristen. Unter dem Einfluss europäischer Ideen sagten die Dekabristen der Autokratie den Kampf an und versuchten sie mit Hilfe einer verfassungsmäßig verankerten Gewaltenteilung zu zähmen. Die Auflehnung der Dekabristen scheiterte, doch dienten sie als Vorbild für alle späteren Generationen russischer Freiheitskämpfer: für die sowjetischen Bürgerrechtler der 1960er und 1970er Jahre, für die russischen Demokraten, die im August 1991 den Putschversuch zum Scheitern brachten, auch für die Gegner der Putinschen "Machtvertikale".
Nicht vor der NATO, sondern vor den freiheitlichen Ideen hat Putin panische Angst, denn nur sie bedrohen seine despotisch gewordene Macht. Mit seinem am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg will Putin die Ukrainer für ihre europäische Wahl bestrafen und einen russischen "Maidan" verhindern. Dafür nimmt er den Bruch des von ihm beherrschten Landes mit der Moderne in Kauf. Wird es ihm gelingen, Russland zu enteuropäisieren? Zwar scheinen Putin und seine Entourage mit ihrer antiukrainischen und antiwestlichen Propaganda Erfolge im Lande zu verzeichnen. Ob diese von Dauer sein werden, darf man bezweifeln. Der polnische Exilpublizist Juliusz Mieroszewski sagte 1974 über die scheinbare Stabilität des damaligen sowjetischen Regimes: "Man kann sich sowohl gegen China als auch gegen die USA erfolgreich wehren, aber nicht gegen den Zeitgeist. Der Kampf gegen den Zeitgeist, gegen den Fortschritt ist aussichtslos."
China
In China herrschte schon immer die Verschmelzung von Geistigem und realer Natur. Für die Seele des Menschen bleibt da kein Platz mehr Von Alexander Riebel
Wer nach dem Wesen des chinesischen Denkens fragt, dem wird wohl der auch im Westen bekannte Militärstratege Sunzi einfallen. In seiner vor mehr als 2.500 Jahren geschriebenen "Kunst des Krieges" vertritt der chinesische Autor die Auffassung: "Wer den Feind ohne Schlacht besiegt, versteht sich wirklich auf die Kriegsführung." Hierzu sind lange Vorbereitungen nötig, um die eigene Armee zu schützen, wie die Vernichtung der Vorräte des Gegners. Um den Sieg zu garantieren, sagt Sunzi gleich zu Beginn, was Führung ist: "Die Führung bedeutet, dass das Volk mit dem Willen des Herrschers eins ist, und es für ihn sterben oder leben, und sich nicht gegen ihn stellen wird."
Eine Welt der Immanenz und des Diesseits
Damit sind einige Wesensmerkmale des chinesischen Denkens bezeichnet: Die gesellschaftliche Einheit, das betont politische Denken und der Fürst als weiser Herrscher, der den diesseitigen Kosmos widerspiegelt. Denn der chinesische Kosmos wird bis heute als nur physische Größe vorgestellt, ohne Schöpfungsbericht oder kosmologische Spekulationen. China war schon immer eine Welt der Immanenz und des Diesseits, ohne Sonderstellung des Menschen, das heißt ohne Seele, wie es auch den Unterschied von Materiellem und Geistigem nicht gibt. Chinesen können seit jeher eine besondere Stellung nur in der sozialen Ordnung erreichen; so ist es bis zur kommunistischen Ära geblieben. Diese Außergewöhnlichen sind dann die alles überragenden Vorbilder, die einen transzendenten Schöpfer ausschließen. Dass sich der Bereich des Menschlichen (außer auf dem Gebiet der Wissenschaft unter westlichem Einfluss) nie von dem des Natürlichen getrennt hat, ließ im vorindustriellen China auch nicht den Gedanken an Gesetze aufkommen, weder an Gesetze der Natur noch gar an ein göttliches Naturgesetz. Über bloße Regeln für die Gesellschaft kam man nicht hinaus.
China ist in einem ganz anderen Sinn der kulturelle Ursprung Asiens, als es Griechenland für Europa ist. Wenn es im alten China auch geistige Debatten gegeben hatte, so doch nicht eine vergleichbare öffentliche Redekunst wie in Griechenland, in der Logik und Sophistik eine Rolle spielten. In China gab es wenig intellektuelle Freude an geistiger Auseinandersetzung, eher das Bestreben, in Harmonie mit der Natur zu leben eine Haltung, die in vielen westlichen Kreisen als pseudo-asiatische Einstellung immer attraktiver wird; dies allerdings unter Verlust der eigenen Kultur, die in ihrem Kern in China wie in Japan immer beibehalten wurde. Dass in der chinesischen Schrift die Zeichenelemente "Geburt/Leben" und "Herz/Geist" zum Schriftzeichen für das "Wesen" des Menschen zusammengesetzt sind, ist ein weiterer Hinweis auf die Verschmelzung von Geistigem und realer Natur. Im Grammatischen gibt es auch nicht die seit Aristoteles bekannte Subjekt-Prädikat-Struktur, durch die letztlich die Unterscheidung von Wahr und Falsch ermöglicht wird; auch fehlt das Verb "sein". Das veranlasste den französischen Philosophen Jean Beaufret zur Aussage: "Die Quelle ist überall als Unbestimmtes da, sei es im Chinesischen, Arabischen oder Indischen Aber die Griechen hatten das seltsame Privileg, diese Quelle Sein zu nennen."
Das Verschmelzen der Gegensätze
Konfuzianismus und Taoismus stehen für die verschmelzenden Gegensätze: Der Konfuzianismus sucht nach den Gründen des Wissens für eine Handlung, der Taoismus lehnt den Bezug zwischen Wissen und Handlung ab und hält sich an das sichtbar Reale. Beide Formen verschmolzen oft zu einer Einheit; Künstler konnten mit ihrer Intuition Berater von Fürsten sein. Die Mitte zwischen Gegensätzen wie Taoismus und Konfuzianismus, Yin und Yang, von Ganzem und Teilen wird im chinesischen Denken als "Firstbalken" vorgestellt, der ein Gebäude zusammenhält. Ähnlich versteht wohl der dem chinesischen Präsidenten nahe Philosoph Zhao Tinyang sein Buch "Alles unter dem Himmel" (2020), der die ganze Welt in die chinesische Wirklichkeit integrieren will. Denn China denkt längst nicht mehr innerhalb der Grenzen der Chinesischen Mauer.
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