Die US-amerikanische Erfolgsserie "The Chosen" ist mittlerweile auf Netflix und auf Amazon Prime. In Deutschland schoss die DVD der ersten Staffel nach Erscheinen auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste. Die ersten zwei Folgen der neuen, dritten Staffel des Films „The Chosen“ haben an den Kinokassen Anfang Dezember millionenschwere Hollywoodfilme geschlagen. „The Chosen“ erzählt die Geschichte Jesu aus der Perspektive der Menschen nach, die ihm begegneten. Dabei setzen die Macher auf Authentizität einerseits und künstlerische Qualität andererseits.
Ein Film der Hoffnung
Und es funktioniert. Der Erfolg spricht für sich. Auch in Deutschland: Vor kurzem zeigte „The Chosen“ in Berlin einen Kurzfilm zur Geburt Jesu: Schauspieler und Drehbuchautoren der Serie waren zu Gast. Der deutsche Schauspieler Henning Baum legte die Weihnachtsgeschichte aus. Die Moderatorin Andrea Ballschuh erzählte von ihrer Bekehrung zu Christus durch die Serie. Christen verschiedener Konfessionen waren zu Gast, aber auch interessierte Nicht-Gläubige. Aus katholischer Sicht war es allerdings enttäuschend, dass die deutschen Bischöfe nicht kamen, obwohl sie eingeladen waren.
„The Chosen“ ist ein Phänomen, das jungen Christen wie mir Hoffnung einflößt. Nicht deswegen, weil die Serie besonders erfolgreich ist, sondern weil es das Bild, das viele Menschen vom christlichen Gott und von Jesus Christus haben, verbessert. „The Chosen“ zeigt, wie die Person Jesu seine Jüngerinnen und Jünger verändert. Er heilt ihre Körper und ihre Seele. Er berührt ihre Herzen und schenkt ihnen seine Liebe.
Serie ohne Allüren
Die Serie vermeidet Spektakel, Politik, Gesellschaftskritik. Sie versucht, die wunden Punkte ökumenischer Debatten zu umschiffen, um auf das wesentliche – oder besser, den Wesentlichen hinzuweisen: Jesus Christus. Die katholische Influencerin Kira Beer, die anstatt der katholischen Bischöfe bei der „Chosen“-Pressekonferenz die katholische Perspektive vertreten sollte, erklärte allerdings, sie tue sich schwer damit, anderen Menschen Jesus Christus als wichtig zu präsentieren.
Blickt man auf den Synodalen Weg, der in den deutschen Medien das Bild der Kirche für die meisten Menschen prägt, scheint das mit Kira Beers Haltung zusammenzupassen. Dem Synodalen Weg geht es um Themen, die aktuelle gesellschaftliche Debatten widerspiegeln, und nicht so sehr darum, Jesus Christus den Menschen nahezubringen. Natürlich haben auch Diskussionen über gesellschaftliche Fragen wie die Gender-Theorie in der Kirche ihren Platz. Aber sind sie wirklich ihr zentrales Anliegen? Und wenn Tausende von Menschen sich plötzlich für Christus interessieren – aufgrund einer Serie, die den Anspruch hat, biblisch authentisch zu sein –, sollten die Bischöfe das nicht zumindest zur Kenntnis nehmen, vor allem bei immer weiter schrumpfenden Mitgliederzahlen?
Warum sind deutsche Bischöfe nicht gekommen?
Frank Heinrich, der der evangelischen Allianz vorsteht, erzählte bei der Konferenz, wie evangelikale Gemeinden zu gemeinsamen Filmabenden mit „The Chosen“ einladen; wie sie dadurch Beziehungen knüpfen und zur Begegnung mit Jesus Christus führen. Wieso sträuben sich die deutschen Bischöfe anscheinend dagegen, ihren Priestern und Pastoralmitarbeitern eben das ans Herz zu legen? Warum die Bischöfe nicht kamen – darüber kann man nur spekulieren. Aber von außen sieht es nicht gut aus.
Wieder einmal geht ihnen die Glaubwürdigkeit verloren. Interessieren sie sich einfach nicht für das, was die Menschen umtreibt? Ist ihnen die Herangehensweise von „The Chosen“ nicht theologisch oder historisch kritisch genug? Sehen sie es wie Kira Beer? Sind sie der Meinung, Jesus Christus sollte nicht im Zentrum der Glaubensverkündigung stehen? Was auch immer der Grund für ihr Fehlen war: Es fiel auf.
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