Serbiens Präsident, der Serbe im dreiköpfigen Staatspräsidium Bosniens, die Präsidentin der Republika Sprska, Prinz Philip Karadjordjević und viele serbische Minister waren zugegen, als der neue Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche am Freitag in Belgrad feierlich inthronisiert wurde. Zuvor war medial viel spekuliert worden, wen sich Präsident Vucić wohl an der Spitze der Kirche wünsche. Das Wahlverfahren soll eine direkte politische Einflussnahme zumindest minimieren: Zunächst wurden am Donnerstag in Belgrads neuer Sava-Kirche drei Bischöfe zu Kandidaten gewählt, dann zog ein betagter Mönch einen der drei Namen aus dem Evangelienbuch: So wählten die Bischöfe und der Zufall (oder Gottes Vorsehung) den bisherigen serbisch-orthodoxen Metropoliten von Zagreb, Porfirije, mit bürgerlichem Namen Prvoslav Perić.
Um moderate Töne bemüht
Der neue Patriarch zählt nicht zu den nationalistischen, anti-ökumenischen Hardlinern unter Serbiens Bischöfen. Er ist mehrsprachig, theologisch gebildet (promovierte in Athen über die Gotteserkenntnis bei Paulus) und im ökumenischen Dialog erfahren. Seit 2014 in Zagreb wirkend, war er um moderate Töne und ein gutes Einvernehmen mit der katholischen Kirche bemüht. Das ist nicht wenig, sitzen doch anti-katholische und insbesondere anti-kroatische Ressentiments in Serbiens Orthodoxie tief. In seiner ersten Wortmeldung gab sich der neue Patriarch betont weitherzig: „Ich bin Serbe, aber ich bin vor allem Christ, darum werde ich Christus predigen... Ich liebe mein Volk, aber ich liebe auch alle anderen Nationen, jeden Menschen, jede Ikone Gottes.“
Zagrebs Kardinal Josip Bozanić arbeitete mit Porfirije immer wieder zusammen, zuletzt erfolgreich bei der Hilfe für die Erdbebenopfer in Kroatien, weit weniger erfolgreich bei der Aufarbeitung der umstrittenen Kapitel gemeinsamer Geschichte. Bozanić warb in seinem Glückwunsch nun für „Wege der Liebe und Barmherzigkeit“, ja für „ein neues Kapitel fruchtbarer Zusammenarbeit“. Dass die als identitätsstiftend verstandene Konfessionszugehörigkeit immer weniger politisch trennend wirke, ist wohl eine der großen Herausforderungen für den Patriarchen. Gegenüber dem mehrheitlich katholischen Kroatien und mit Blick auf das multikonfessionelle Bosnien ist ihm hier auch Einsicht und Mut zuzutrauen.
Wenig Bewegung im ideologischen Stellungskrieg
Weniger Bewegung dürfte es im ideologischen Stellungskrieg mit der nach Autokephalie strebenden Orthodoxie Mazedoniens oder gar mit dem Kosovo geben. Die Verbindung der serbischen Kirche mit dem Kosovo sei wie ein heiliger Bund, sagte Patriarch Porfirije in seiner ersten Predigt. Da liegt er ganz auf der traditionellen Linie, die den seit 2008 staatlich unabhängigen und zu gut 90 Prozent albanisch besiedelten Kosovo als „Serbiens Golgotha“ mystifiziert. Kein Wunder: Obwohl in der Vojvodina geboren, trat Porfirije einst als Mönch in das Kloster Decani ein – eine Festung serbischer Orthodoxie mitten im Kosovo.
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