Am 3. September 2000 sprach Papst Johannes Paul II. seinen Vorgänger Johannes XXIII. selig, der das Zweite Vatikanische Konzil initiiert und eröffnet hatte, und zusammen mit ihm Pius IX., den Papst des Ersten Vatikanischen Konzils. Der Gedenktag des seligen Pius IX. ist der 7. Februar.
Giovanni Maria Mastai Ferretti wurde am 13. Mai 1792 in Senigallia bei Ancona geboren und trat 1809 in das römische Priesterseminar ein. Es war eine bewegte Zeit: Rom war von napoleonischen Truppen eingenommen und Papst Pius VII. verhaftet und in Frankreich interniert worden. Wegen einer Krankheit musste er vorübergehend das Seminar verlassen und kehrte zu seiner Familie zurück, konnte aber 1814 das Studium wiederaufnehmen, nachdem er auf einem Besuch im Marienwallfahrtsort Loreto auf wundersame Weise geheilt worden war. Am 10. April 1819 empfing er in Rom die Priesterweihe und war danach seelsorgerlich tätig, vor allem unter den Jugendlichen im Armenviertel Trastevere. Von 1823 bis 1825 begleitete er Bischof Giovanni Muzi auf einer Reise nach Chile, wohin dieser als Apostolischer Visitator gesandt worden war.
1827 wurde er zum Bischof von Spoleto geweiht und sechs Jahre später nach Imola versetzt. Papst Gregor XVI. schätzte den jungen, engagierten Bischof sehr und erhob ihn am 14. Dezember 1840 zum Kardinal. Am 16. Juni 1846, mit nur 54 Jahren, ging er aus dem Konklave als neuer Papst hervor und nahm den Namen Pius IX. an. Seine 31 Jahre und acht Monate dauernde Amtszeit war das bisher längste Pontifikat der Kirchengeschichte.
Ein volksnaher Papst
Der neue Pontifex besuchte oft die römischen Kirchen und war sehr volksnah. Er betrachtete sich in erster Linie als Priester in der Nachfolge Christi. Während überall in Europa revolutionäre Kräfte am Werk waren, setzte er sich für Reformen im Kirchenstaat ein, mit deren Umsetzung er den Juristen Pellegrino Rossi betraut hatte. Als dieser am 15. November 1848 ermordet wurde, kam dies einem Aufruf zur Revolution gleich. Giuseppe Mazzini rief die „Römische Republik“ aus, und Pius IX. floh, als einfacher Priester verkleidet, nach Gaeta. Mithilfe der Franzosen gelang es ihm zwei Jahre später, nachdem die Republik aufgelöst worden war, nach Rom zurückzukehren. Im Exil in Gaeta hatte Pius IX. begonnen, sich intensiv mit der theologischen Frage der Unbefleckten Empfängnis Mariens zu beschäftigen, die er am 8. Dezember 1854 feierlich als Dogma verkündigen ließ. Genau zehn Jahre später veröffentlichte er die Enzyklika Quanta cura und den Syllabus errorum, in denen er Aufklärung, Demokratie, Religionsfreiheit sowie die Trennung von Kirche und Staat verurteilte. Am 8. Dezember 1869 – erneut am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis – eröffnete Pius IX. das Erste Vatikanische Konzil, zu dem Bischöfe aus aller Welt nach Rom reisten. Am 24. April 1870 ging daraus die Konstitution Dei Filius hervor, eine ausführliche Darlegung der katholischen Lehre als Gegenpol zum modernen Gedankengut, und am 18. Juli die Konstitution Pastor aeternus mit dem Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes als. Im selben Jahr wurde Rom von italienischen Truppen erobert. Pius IX. weigerte sich, die neuen politischen Verhältnisse anzuerkennen und betrachtete sich bis zu seinem Tod als „Gefangener im Vatikan“.
Eng befreundet mit Don Bosco
Eine enge Freundschaft verband Pius IX. mit dem heiligen Johannes Bosco, der ihn oft in Rom aufsuchte und dessen Werk der Papst so sehr unterstützte, dass Don Bosco ihn als den zweiten Gründer der Salesianer bezeichnete. Problematisch dagegen war sein Verhältnis zu den Juden: Er ließ in Rom das Ghetto wiedererrichten, verweigerte Juden den Zugang zu den meisten Berufen und setzte den Talmud auf die Liste der verbotenen Bücher.
Pius IX. starb am 7. Februar 1878. Sein Grab befindet sich in der römischen Basilika San Lorenzo al Verano. Das Zweite Vatikanische Konzil korrigierte den Kurs Pius‘ IX. in einigen wichtigen Punkten, in Bezug auf das Judentum ebenso wie auf das Verhältnis der Kirche zur modernen Welt. Dennoch ist seine gemeinsame Seligsprechung mit Johannes XXIII. Ausdruck der grundlegenden Kontinuität zwischen den beiden jüngsten Konzilien der Kirchengeschichte.
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