Erdbeben, Krieg und eine schwangere Frau vor Sternen am Nachthimmel: Christen, die den amerikanischen Superbowl verfolgt haben, haben sich vielleicht unwillkürlich an die Sprache des Offenbarungsevangelisten erinnert gefühlt. Die Pop-Ikone und Beauty-Milliardärin Rihanna präsentierte bei ihrem Auftritt bei der prestigeträchtigen Halbzeit-Show ihren Babybauch – und zeigte damit, dass Mutter zu sein nicht bedeutet, dass man seine Träume aufgeben muss.
Nostalgie - zurück in die goldenen Zeit von Hip Hop und Rap
Ein Auftritt bei der zwanzig-minütigen Show ist quasi der Aufstieg in den höchsten Chor der Pop-Engel. Seit dem letzten Jahr setzen die Veranstalter dabei auf Nostalgie: 2022 versetzten unter anderem Eminem, Snoop Dogg und Dr. Dre die Zuschauer im Stadion oder auf dem Bildschirm zu Hause in die goldene Zeit des Rap und Hip-Hop zurück.
Nun war also Rihanna an der Reihe. Die Sängerin aus Barbados, die mit R'n'B-Hits wie „Umbrella“ und der Eminem-Kollaboration „Love the way you lie“ Popgeschichte geschrieben hatte, war seit Jahren nicht mehr live aufgetreten. Trotzdem blieb sie all die Jahre erfolgreich: Mit ihrem Kosmetikunternehmen „Fenty“, das den Fokus auf Make-Up für alle Hauttöne legt, wurde Rihanna ganz ohne Welttournees zur Milliardärin.
Babybauch in freizügiger Haute Couture
Schon einmal hatte sie mit ihrer Schwangerschaft Schlagzeilen gemacht: Im letzten Jahr hatte sie der Umstandsmode den Krieg erklärt und ihren schwangeren Körper bewusst in freizügiger Haute Couture präsentiert. Warum? Weil sie Mode einfach liebe, erklärte sie damals, und sie wisse ohnehin nicht, warum sie sich für ihren Körper, der Wunder vollbringe, schämen sollte.
Kaum war das erste Baby da, wurde Rihanna offenbar wieder schwanger, was sie jetzt, bei der Halbzeit-Show, beinahe der ganzen Welt zeigte. Für viele Frauen ist das ein bestärkendes Signal. Der Druck, das Familienleben der Karriere unterzuordnen, herrscht noch immer vor: Die westliche säkulare Mentalität tendiert schließlich dahin, Fruchtbarkeit, gerade die der Frau, kontrollieren und begrenzen zu wollen.
Schon ab jungen Jahren soll man verhüten, bloß keine Kinder bekommen, bevor die Karriere steht, und dann auch nur in großzügigem Abstand. Dazu kommt, dass öffentliche Räume besonders in Deutschland immer kinderunfreundlicher werden: Laute Kinder in Restaurants oder öffentlichen Verkehrsmitteln werden mit bösen Blicken quittiert.
Babybauch oder Leihmutter
Promis lassen sich ein paar Mal mit Babybauch ablichten, um dann ein paar Wochen später mit perfekten Bikini-Maßen und einem Diät-Sponsor vor der Kamera wieder aufzutauchen. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, fast schon eine normale Investition für Models und Schauspielerinnen darstellt, eine Leihmutter zu engagieren – immerhin kann eine Schwangerschaft die Karriere schon mal ein Jahr auf Eis legen und hinterlässt natürlich Spuren am Körper, die von der medialen Linse als unansehnlich gebrandmarkt sind. Das ist verständlich, aber trotzdem tragisch. Umso stärker ist das Zeichen, das Rihanna gesetzt hat.
Ihr Auftritt macht schwangere Frauen sichtbar und schafft Wertschätzung und Anerkennung für das, was ihr Körper leistet. Sie hat gezeigt, dass eine Schwangerschaft kein Hindernis für eine erfüllte Karriere ist. Für die meisten Frauen ist es viel schwerer, sich der gesellschaftlichen Geringschätzung ihrer Fruchtbarkeit zu widersetzen. Sie haben nicht den Einfluss oder die Ressourcen einer Rihanna. Aber sie profitieren von Rihannas Beispiel, das hoffentlich weite Kreise ziehen wird.
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