In der Kabinettsliste ist sie die große Überraschung: Reem Alabali-Radovan ist die neue Staatsministerin für Integrationsfragen, direkt angesiedelt im Kanzleramt. Mit ihrer Biographie sticht sie nicht nur aus dem Kreis der übrigen Minister hervor, sie hebt sich auch von anderen Politikern mit Migrationshintergrund ab: Die 31-Jährige ist chaldäisch-katholische Christin. Ihre Eltern stammen aus dem Irak. Alabali-Radovans Vater hatte sich in den 80er Jahren dem Widerstand gegen Saddam Hussein angeschlossen. Später gingen die Eltern nach Moskau, wo sie Ingenieurwissenschaften studiert haben. Dort wurde auch die neue Ministerin 1990 geboren.
Ihren Wahlkreis gewann sie direkt
1996 schließlich siedelte die Familie nach Deutschland über, wo sie in Mecklenburg-Vorpommern Asyl erhielt. Dort lebt Reem Alabali-Radovan auch noch heute und gewann ihren Wahlkreis in Schwerin bei der Bundestagswahl direkt. In Mecklenburg-Vorpommern amtierte die Sozialdemokratin bereits seit Januar letzten Jahres als Integrationsbeauftragte des Landes. „Mit der Ernennung von Frau Reem Alabali-Radovan zur neuen Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration ist der SPD eine große politische Überraschung gelungen“, sagt Daniyel Demir, Vorsitzender des Bundesverbandes der Aramäer in Deutschland, gegenüber dieser Zeitung.
„Ein bemerkenswertes Novum und ermutigendes Signal in vielerlei Hinsicht: Eine 31-jährige Senkrechtstarterin mit aramäischen Wurzeln und Fluchtgeschichte aus dem Irak, wird für die anstehenden Migrationsfragen und die inhaltliche Integrationsarbeit dringend notwendige, erfrischende sowie authentische Impulse setzen können“ hofft Demir. Die Ernennung habe für die Aramäer in Deutschland eine besondere Bedeutung, betont er weiter. „Diese Berufung hat natürlich besonders innerhalb der Aramäischen Gemeinschaft bundesweit und darüber hinaus große Begeisterung und Freude ausgelöst. Für uns als Bundesverband nicht nur die äußerst besorgniserregende Lage und Zukunftsperspektive der aramäischen Christen im Nahen Osten, deren wichtige jedoch schwindende, brückenbauende Funktion in den fragilen Gesellschaftstrukturen dieser Länder, sondern vor allem die erfolgreiche Integrationsgeschichte der Aramäer hier in Deutschland nun mit dieser jungen Staatsministerin ein Gesicht in den Reihen des Bundeskabinetts.“
Seine Hoffnung ist, das sie nun an dieser prominenten Stelle für mehr öffentliches Interesse am Schicksal der Aramäer sorgen kann „Mit ihrer eigenen Lebensgeschichte ist sie prädestiniert für dieses Amt und weiß aus eigener Erfahrung, wovon sie spricht“, ist Demir überzeugt.
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