Als am vergangenen Wochenende die Nachricht vom Tod George H. W. Bushs die Amerikaner erreichte, setzte eine kollektive Trauer ein. Der Tod des 41. US-Präsidenten dürfte einer der wenigen Anlässe sein, zu dem sich das Land aktuell geeint zeigt. Der im Alter von 94 Jahren verstorbene Oststaaten-Republikaner war ein Politiker eines Schlages, den es heute nicht mehr gibt. Polemik und Parteigezänk waren ihm fremd; nüchtern, sachlich und mit zurückhaltendem Humor vertrat er eine Politik, die auf unideologische Problemlösung ausgerichtet war.
Der Glaube, sagte Bush senior im Wahljahr 1992, gebe ihm „eine Extraportion Stärke“. Damit kann er, der episkopale Christ, eigentlich nur Recht gehabt haben, blickt man darauf zurück, wie viele Schlachten Bush militärisch, politisch und privat ausfocht – und überstand. Im Zweiten Weltkrieg über dem Pazifik abgeschossen, konnte er sich gerade noch mit dem Fallschirm aus seiner brennenden Maschine retten. Mit Geduld und bedingungslosem Demokratiewillen beendete er den Kalten Krieg und leitete die deutsche Wiedervereinigung ein – ohne dies je als „seinen“ großen Sieg darzustellen. Mit vier Jahren starb seine Tochter 1953 an Leukämie. Bush überwand den Schicksalsschlag und startete eine beispiellose politische Karriere.
VOM ALTEN SCHLAG
„Ich denke, man kann kein Präsident sein, wenn man keinen Glauben hat“, erklärte Bush einmal. An seinem Glauben orientierte er während seiner Zeit im Weißen Haus auch seine Haltung zu Abtreibung. Den Schutz unschuldigen menschlichen Lebens vor und nach der Geburt sah er als eine der wichtigsten Aufgaben des Staates an. So versuchte er, den Supreme Court dazu zu bewegen, das Urteil „Roe vs. Wade“ aus dem Jahr 1973 aufzuheben, mit dem Abtreibungen straffrei wurden. Auch die Finanzierung von abtreibungsfreundlichen Organisationen schränkte er ein, im In- wie im Ausland. Wenn seiner Präsidentschaft ein Makel anhaftet, dann ist es der, dass er nur eine Amtszeit im Weißen Haus verbrachte. Ausgerechnet die für Republikaner so bedeutsame Abtreibungsfrage war es, über die er stolperte – obwohl er seine „pro-life“-Haltung mehr als deutlich gemacht hatte. Dass er sich in den 60er und frühen 70er Jahren als junger Kongressabgeordneter jedoch für Abtreibungen eingesetzt hatte, nahmen ihm viele Parteianhänger mehr als 20 Jahre später immer noch übel. Um späte Rache zu nehmen, blieben sie der Wahl 1992 fern – und ermöglichten so dem Demokraten Bill Clinton den Sieg. Ein erster Riss ging durch die Gesellschaft, der bis heute zu einem schier unüberbrückbaren Graben angewachsen ist.