Amerika ist nicht Europa. Das gilt auch für Stil und Sprache. Jüngstes Beispiel: Donald Trumps vulgärer Spruch von den „shithole countries“, Dreckslöchern, deren Bewohner nicht erwarten könnten, Zuflucht in den USA zu finden. Die Herkunftsländer eines wachsenden Teils der Weltbevölkerung als Dreckslöcher zu bezeichnen, ist ein starkes Stück. Dennoch berührt der Satz eine zentrale Frage, nämlich den richtigen Umgang des wirtschaftlich arrivierten Nordens mit den Ländern des Südens, vor allem den Ländern Afrikas.
Trump hat damit ein Thema aufs Tablett gebracht, das unter Entwicklungsfachleuten bestens bekannt ist, aber aus Sorge, gegen den Mainstream zu verstoßen, nicht gern angesprochen wird: das Versagen vieler Regierungseliten in Afrika. Tatsächlich ist die Verlockung groß, nach derben Formulierungen zu greifen, um das Handeln solcher Staatschefs in Worte zu fassen. Beispiele gibt es viele. Man denke an das einst blühende, heute heruntergewirtschaftete Simbabwe. Noch vor zwanzig Jahren wurde das fruchtbare Land als „Brotkorb“ Afrikas bezeichnet. Heute leiden viele der rund 14 Millionen Simbabwer Hunger. Rund drei Millionen meist junge Menschen sind ins Ausland geflohen, weil es in der Heimat trotz reicher Bodenschätze und einer einst diversifizierten Industrie kaum noch Jobs gibt. Wer glaubt, dass der Hauptgrund für die Misere an kolonialen Strukturen liegt, die Großbritannien als frühere Kolonialmacht Simbabwe hinterlassen habe, irrt. Es ist vor allem das Versagen der Staatsführung unter Robert Mugabe, der Simbabwe von 1980 bis 2017 ununterbrochen regierte. „In der Politik hier mangelt es vor allem an Haltung. An der Haltung, nicht für das eigene Wohl oder die eigene Familie zu handeln, sondern für das Gemeinwohl“, erläutert der simbabwische Jesuit und Publizist Oskar Wermter die Ursachen im Gespräch mit dieser Zeitung.
Und beim Beispiel Kenia, das lange Zeit als Vorbild in puncto Demokratieentwicklung galt, sind es krasse Fehlgriffe der Regierenden, die den Eindruck erwecken, das Land sei eher Fass ohne Boden als ein Musterknabe. So ist die Lage dort nach zwei umstrittenen Wahlen angespannt. Die erste Präsidentenwahl im August 2017, aus der Amtsinhaber Uhuru Kenyatta als Sieger hervorging, wurde vom Obersten Gericht annulliert. Die zweite Wahl im Oktober wurde von der Opposition boykottiert. Kenyatta gewann die Abstimmung überdeutlich, die Wahlbeteiligung lag aber bei nur 39 Prozent. Odinga erkennt den Wahlsieg nicht an. Nach der Zeremonie erklärte die Regierung die Nationale Widerstandsbewegung – eine von Odinga und weiteren Oppositionspolitikern gegründete Bewegung – zu einer organisierten kriminellen Gruppe. Am Dienstag vergangener Woche hatte die Regulierungsbehörde Communications Authority of Kenya die Sender KTN, NTV und Citizen TV landesweit blockiert, weil sie live über eine politische Kundgebung Odingas berichteten. Zwar wurde die Sperre von einem Gericht zwei Tage später aufgehoben, doch sie wird vielen Kenianern als ein Akt der Repression Kenyattas in Erinnerung bleiben
Doch zumindest in Südafrika zeichnet sich Veränderung ab: Der 75-jährige Noch-Staatschef Jacob Zuma steht wegen zahlreicher Korruptionsaffären und der ihm zugeschriebenen Veruntreuung öffentlicher Gelder schon seit langer Zeit stark unter Druck. Nun hat die Regierungspartei ANC ihn zum Rücktritt aufgefordert. Bisher hatte die Partei, die seit dem Ende der Apartheid 1994 ununterbrochen an der Macht ist, ihn bedingungslos unterstützt. Selbst Wahlverluste konnten seine Macht nicht erschüttern. Doch schon auf dem vergangenen Parteitag im vergangenen Dezember musste Zuma selbst einräumen, dass die Südafrikaner mit den Ergebnissen der ANC-Herrschaft „nicht zufrieden“ seien. Das betreffe unter anderem die grassierende Korruption und Kriminalität sowie die hohe Arbeitslosigkeit. Nach langer Misswirtschaft der Eliten zeigt dieses Beispiel, dass Wandel grundsätzlich möglich ist. Vielleicht macht das südafrikanische Beispiel Schule.