Krieg in Europa

Nie wieder?

Der tschechische Präsident erinnert daran, dass der devote Kotau vor dem Aggressor diesen nicht besänftigt und einhegt, sondern in seiner Expansionslust bestärkt. Ein Kommentar.
Petr Pavel
Foto: IMAGO/Michaela Rihova (www.imago-images.de) | Pavels These lautet: Putin gehe gegen die Ukraine ähnlich vor wie Hitler 1938 gegen die Tschechoslowakei.

Nie wieder! Das war nach der größten Katastrophe der deutschen Geschichte und dem Zweiten Weltkrieg eigentlich Konsens: Nie wieder schweigen zu Rassismus, Totalitarismus und Genozid, nie wieder wegsehen und Tyrannen morden lassen. Da sollte es die deutsche Gesellschaft wachrütteln, wenn der neugewählte tschechische Präsident, Petr Pavel, eine Parallele zwischen den Strategien Adolf Hitlers und Wladimir Putins zieht. 

Seine These lautet: Putin gehe gegen die Ukraine ähnlich vor wie Hitler 1938 gegen die Tschechoslowakei. Sich jetzt zu empören, solche Vergleiche seien unstatthaft, gilt nicht, weil hier der Repräsentant eines Landes, das zum Opfer der Expansionspolitik Hitlers wurde, argumentiert.

Putins Herrschaft ist totalitär, sein Vorgehen genozidal

Ja, Putin missbraucht die Existenz russischsprachiger Ukrainer für seinen Krieg gegen die Existenz der Ukraine. Er spielt mit unserer Angst vor einer Eskalation der Gewalt und zielt auf die Vernichtung der ukrainischen Identität. Putins Herrschaft ist totalitär, seine Argumentation rassistisch, seine Vorgehensweise genozidal. Und ja, im Westen gibt es Menschen und Medien, die sich Putin schönreden, seinen Aggressionskrieg verharmlosen oder rechtfertigen, das Leid der Ukrainer nicht sehen wollen. Pavels Vergleich zielt auf dieses Publikum: Der tschechische Präsident erinnert daran, dass der devote Kotau vor dem Aggressor diesen nicht besänftigt und einhegt, sondern in seiner Expansionslust bestärkt.

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1938 waren London und Paris bereit, um des Friedens willen auf ihre Prinzipien zu verzichten, den Aggressor mit Zugeständnissen einzubinden und das Opfer seiner Aggressionspolitik zu ignorieren. 

Ähnliches fordern heute Leute, die sich selbst für Pazifisten halten und jene zu Kriegshetzern erklären, die sich auf die Seite des Opfers stellen. Der britische Premier Chamberlain meinte 1938, mit Hitler einen Deal machen und so den Frieden retten zu können. Winston Churchill schmetterte ihm in London entgegen: "Sie hatten die Wahl zwischen Krieg und Schande. Sie haben die Schande gewählt und werden den Krieg ernten." Er sollte Recht behalten.

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