Kommentar: Sprechen nicht für alle Muslime

Von Heinrich Wullhorst

lslamverbände sind keine Religionsgemeinschaften. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster noch einmal deutlich gemacht. Damit haben die Richter die Absicht der Organisationen durchkreuzt, das alleinige Sagen über den in einigen Bundesländern praktizierten islamischen Religionsunterricht zu erhalten. Denn sie vertreten eben nicht den Islam und repräsentieren selbst in ihrer Gesamtheit lediglich einen Teil der Muslime in Deutschland. Zu ihnen gehören Gruppierungen wie die Gemeinschaft Millî Görüº, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Gerne mitreden möchte auch der dem türkischen Religionsministerium direkt unterstellte Ditib-Verband. Der Zentralrat der Muslime, der sich oft in den Medien wortreich darstellt, vertritt gerade ein halbes Prozent der in Deutschland lebenden Muslime. Es gibt eben – anders als bei den christlichen Kirchen – keine Lehrautorität, die zentraler Ansprechpartner für die Schulbehörden sein kann. Deshalb geht es auch darum, die muslimischen Schüler vor einer einseitigen Einflussnahme fundamentalistischer Gruppierungen zu schützen, die nicht einen modernen, sondern einen rückwärtsgewandten Islam repräsentieren. Wenn der islamische Religionsunterricht der Integration dienen soll, darf er nicht der alleinigen Verantwortung der Islamverbände überlassen werden.

Die endgültige Lösung der Frage, wie dann nun in Zukunft der Lehrplan bestimmt werden soll, liegt jetzt bei der Politik. Der Zentralrat der Muslime hat bereits die Entscheidung kritisiert. Es gebe einen „unbestrittenen Bedarf“ der muslimischen Kinder für den Religionsunterricht. Abermals sei eine „wichtige Chance vertan“ worden, ein verfassungsrechtlich stabiles Modell zu schaffen. NRW-Landesschulministerin Yvonne Gebauer (FDP) wertet die Entscheidung des Gerichts als Beleg dafür, dass der Klageweg nicht geeignet sei, die Frage zu klären. Es wird sich zeigen, wann die politische Lösung vorliegt.

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