Kommentar

Kampf und Reinigung

Polens Kirche im turbulenten Marienmonat Mai.

Der Marienmonat Mai – in Polen verlief er bisher turbulent. Es begann mit einer Festveranstaltung der Universität Warschau, bei der neben EU-Ratspräsident Donald Tusk auch der Chefredakteur der Zeitschrift „Liberté!“, Leszek Ja¿d¿ewski, zu hören war. Während Tusk die Politik der polnischen Regierung in die Nähe des Kriegsrechts rückte, sorgte der Journalist für anti-kirchliche Tiraden, indem er die polnischen Katholiken mit Schweinen im Dreck verglich. Groß war die Empörung – weniger bei Tusk, dafür in den Medien und der Bevölkerung. Dann der nächste Angriff: Eine Psychotherapeutin aus P³ock war festgenommen worden, weil sie der Ikone von Jasna Gora, welche die Jungfrau Maria und das Jesus-Kind zeigt, auf Flyern und Plakaten Heiligenscheine in Regenbogenfarben verpasst hatte: dem Erkennungszeichen der LGBT-Bewegung. Wieder große Empörung. Auf der einen Seite über die religiöse und nationale Gefühle verletzende Tat; aufseiten derjenigen, die sich durch Kirche und Staat in ihren sexuellen Gefühlen als verletzt empfinden, über die Festnahme und das angedrohte Strafmaß. Amnesty international, zu der die Dame einen guten Kontakt hat, schaltete sich ein. Der Kommunikationsberater des Vatikan, James Martin SJ, twitterte: „Die Vorstellung, dass sich LGBT-Katholiken durch ein Bild getröstet fühlen könnten, das darauf hinweist, dass die Gottesmutter und Jesus sie lieben, scheint den Behörden hier nicht in den Sinn gekommen zu sein. Zumindest für mich wirkt das Bild weniger wie ein Protest als vielmehr wie eine Bitte um Liebe.“Als wäre dies nicht genug, ist nun bei youtube von den Brüdern Tomasz und Marek Sekielski ein Dokumentarfilm platziert worden, der – zum Teil mit versteckter Kamera - Menschen begleitet, die einst von Priestern sexuell missbraucht wurden. Sie statten den Tätern einen Besuch ab. „Sag es niemandem“ heißt der Film, dessen Klicks schnell bei über11 Millionen lagen und der sich inzwischen sogar zu einem Politikum entwickelt hat. Anders als bei den Machern des Spielfilms „Klerus“ kann man den Filmern nicht vorwerfen, mit Plattitüden Kirchenhass zu schüren. Die Kirche Polens befindet sich in einer schmerzhaften Reinigungsphase und in einem großen Kampf.

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