München

Kommentar: Die Identität der CSU

Nach 75 Jahren Parteigeschichte hat sich der Modus der Machtinszenierung in der CSU geändert, die Grundidee ist gleich: Wir wollen repräsentieren, was die Mehrheit der Bayern denkt. Der Umgang mit der Kirche aber ist pragmatischer geworden.
Politischer Aschermittwoch in Bayern
Foto: Peter Kneffel (dpa) | Eine Figur von Franz Josef Strauß, ehemaliger Ministerpräsident von Bayern, steht beim politischen Aschermittwoch der CSU in der Dreiländerhalle neben einem Bierkrug mit seinem Konterfei.

Die CSU ist 75 Jahre alt geworden. Wie sehr die Partei sich in die Geschichte Deutschlands und Bayerns eingeschrieben hat, zeigt sich daran, dass einem sofort bestimmte Szenen aus dem christ-sozialen Dreivierteljahrhundert einfallen. Eine ist besonders eindrücklich: Franz Josef Strauß wird von Anhängern eine Krone überreicht. Gewiss, das war als Scherz gedacht. Und doch, hier wird der hohe Selbstanspruch der CSU zelebriert, den sie bis heute hochhält: Wir sind Bayern   Partei und Freistaat sind identisch.

Söder schwenkte um gewann

Und eine Szene aus der CSU der Gegenwart: Markus Söder umarmt einen Baum. Hier der Ersatz-Kini FJS I., dort Öko-Markus. Ein Widerspruch, gar Zeichen eines Niederganges? Nur auf den ersten Blick. Der Modus der Machtinszenierung mag sich ändern, die Grundidee ist gleich: Wir wollen repräsentieren, was die Mehrheit der Bayern denkt. Und die Bayern der Strauß-Ära waren eben anders als die der Gegenwart. Diese Einsicht hat auch Söder Lehrgeld gekostet: Denn vor seiner Öko-Wende machte der Franke noch CSU-Politik im alten Takt, vor allem in der Flüchtlingspolitik. Doch das hätte ihn beinahe die Landtagswahl gekostet, also schwenkte Söder um und gewann. Mittlerweile ist er "everbody's darling" und vielleicht reist bald ein Delegation aus Preußen an, die ihm die Kanzlerkrone dediziert.  

Schärfste Kritik aus der Kirche

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Ein Blick auf die Kirche: Sie ist nämlich für die Formel "CSU gleich Bayern" ein wichtiger Faktor. Von der engen Verbundenheit zwischen kirchlichen Amtsträgern und Parteigranden wie zu Zeiten von Strauß und Stoiber war in der Flüchtlingskrise nichts zu spüren. Und auch Söders Versuch, über den sogenannten "Kreuzerlass" wieder alte Harmonie zu stiften, ist gescheitert. Gerade aus der Kirche selbst war die schärfste Kritik zu hören. Auf einen Bruch wollte Söder es aber nicht ankommen lassen. Wenn viele im kirchlichen Milieu nun eben lieber Bäume schützen wollen, als über das Kreuz als Symbol der abendländischen Kultur zu sprechen, dann sollen sie das auch bekommen. Eine Pragmatik, die der CSU bei Wahlen auch künftig helfen wird, dem "C"-Profil der Partei eher weniger.   

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Sebastian Sasse CSU

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