Kommt vorbei, besucht uns, informiert euch, zeigt Präsenz und freut euch über das feministisch-lila eingefärbte Rathaus", warb das "Bayerische Bündnis für die Streichung von 218 StGB" am 22. September auf seiner Facebook-Seite. Unterstützt wird das Bündnis unter anderem von den "Jusos München", der "Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen" (ASF), der "Grünen Jugend München" und "pro familia Bayern". Kurz zuvor hatte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf Antrag der Stadtratsfraktionen von Fraktionen SPD/Volt und Die Grünen/Rosa Liste die Illumination des neogotischen Wahrzeichens der bayerischen Landeshauptstadt in der Farbe lila für die Abendstunden des 28. September angeordnet.
Im Widerspruch zum christlichen Menschenbild
Die CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat ersuchte daraufhin die zuständige Aufsichtsbehörde, die Regierung von Oberbayern, um rechtsaufsichtliche Prüfung. Auch die Erzdiözese München schaltete sich ein. In einem Brief an Oberbürgermeister Reiter sprachen sich der Dompfarrer des einen Steinwurf entfernten Münchner Liebfrauendoms, Monsignore Klaus Peter Fratzl, der Vorsitzende des Münchner Diözesanrates, Professor Hanns Tremmel, sowie der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Joachim Unterländer, gegen eine Illumination des Rathauses aus. Wie die "Tagespost" auf Anfrage erfuhr, ließen die Vertreter des Erzbistums Reiter wissen, dass eine Streichung des Paragraph 218 StGB, wie er anlässlich des "Safe Abortion Day" von zahlreichen Akteuren gefordert werde, dem christlichen Menschenbild und der christlichen Ethik widerspreche. In der 1,5 Millionen Einwohner zählenden Isarmetropole leben derzeit rund 468.000 Katholiken. Auch der Landesverband Bayern der "Christdemokraten für das Leben" (CDL) sparte nicht mit Kritik.
Am 25. September teilte die Regierungspräsidentin von Oberbayern, Maria Els, Reiter mit, die geplante Illumination des Rathauses stehe aus Sicht der Regierung von Oberbayern nicht mit geltendem Recht im Einklang und empfahl diesem dringend, von der Aktion Abstand zu nehmen. Wie der Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, Wolfgang Rupp, auf Anfrage darlegte, wäre die geplante "Illumination des Rathauses nach Auffassung der Regierung von Oberbayern eine Meinungsäußerung gewesen, die nicht in den gemeindlichen Aufgabenbereich fällt und damit unzulässig ist. Eine Beleuchtung des Rathauses in der Symbolfarbe des Aktionstags wäre objektiv als Unterstützung der Ziele des Aktionstags durch die Landeshauptstadt zu verstehen gewesen." Auch sei "die Entscheidung über die Abschaffung des 218 StGB" keine Angelegenheit der Landeshauptstadt, sondern "obläge ausschließlich dem Bundesgesetzgeber."
Oberbürgermeister wollte an Illumination festhalten
Unabhängig davon hätte die Illumination des Rathauses "aus Sicht der Regierung von Oberbayern auch nicht im Einklang mit dem für jedes hoheitliche Handeln geltenden Gebot der Sachlichkeit gestanden". Dieses verlange, "dass amtliche Äußerungen" - wozu auch symbolische Handlungen zählten - "sich am Gebot eines rationalen und sachlichen Diskurses ausrichten und auf eine lenkende Einflussnahme auf den Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung verzichten". Dies wäre bei der geplanten Rathausillumination nicht der Fall gewesen. Reiter sah das anders und hielt an der Illumination des Rathauses fest. Mit einer gespreizten Erklärung verteidigte der OB noch am 28. September selbst seine Entscheidung. Die Aufsichtsbehörde vermochte das Stadtoberhaupt damit jedoch nicht zufrieden stellen. Unter Berufung auf Artikel 112 Absatz 1 der Bayerischen Gemeindeordnung beanstandete Regierungspräsidentin Els schließlich die für die Abendstunden geplante lilafarbene Illumination des Münchner Rathauses und ordnete deren Aufhebung an. Das Ergebnis: "Koa Lila", wie der Münchner sagt.
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