Beirut (KAP/KNA) Maronitenpatriarch Kardinal Bechara Rai hat den libanesischen Präsidenten Michel Aoun für dessen Umgang mit der durch den unerwarteten Rücktritt von Ministerpräsident Saad Hariri ausgelösten Krise gelobt. „Mit seiner Weisheit, Haltung und Vorsicht hat der Präsident alle Ereignisse kontrolliert, und das Land hat eine Rückkehr zu Freude und größerer Einheit erlebt“, sagte Rai laut libanesischen Medienberichten nach Gesprächen mit Aoun am Dienstag.
Die Krise sei damit beendet, so Rai, der die Hoffnung auf positive Ergebnisse der gegenwärtigen Konsultationen äußerte. Gleichzeitig zeigte sich Rai bereit für ein christlich-islamisches Gipfeltreffen.
Hariri war Anfang November überraschend zurückgetreten. Seinen von Saudi-Arabien aus verkündeten Rückzug begründete er mit Angst vor einem Attentat. Inzwischen kehrte er jedoch in seine Heimat zurück. Auf Bitten von Staatspräsident Aoun bleibt er vorerst im Amt.
Am Dienstag rief Hariri laut Bericht der Tageszeitung „Naharnet“ zu gegenseitigem Respekt und Zusammenarbeit auf. Im Interesse des „Libanon und aller Libanesen, die am Golf oder überall auf der Welt leben“, sei eine „echte Dissoziationspolitik“ erforderlich, so Hariri. Wenn der Libanon seine Politik nicht an den übergeordneten Interessen des Landes ausrichte, werde er vor einem Problem stehen. Zuvor hatte Hariri erneut mit dem Rücktritt gedroht, sollte die Hisbollah nicht in eine neue Machtverteilung im Libanon einwilligen und sich aus Konflikten in den Nachbarländern heraushalten. Der Libanon besitzt die vielfältigste religiöse Landschaft im Nahen Osten. 18 Glaubensgemeinschaften sind offiziell anerkannt. Zahlen sind schwer zu bestimmen. Das Zusammenleben ist sensibel. Im libanesischen Bürgerkrieg (1975–1990) verliefen Konfliktlinien zwischen den Glaubensgruppen. Der Nationalpakt von 1943 sieht vor, dass Christen und Muslime auf Sonderbündnisse mit dem Westen beziehungsweise mit arabischen Staaten verzichten. Öffentliche Ämter müssen ausgewogen verteilt werden.