Früher galt Mali in Europa als Musterland der Demokratie in Westafrika. Statt Militärputschs wie in vielen anderen afrikanischen Staaten gab es freie Wahlen und eine lebendige Debatte unter den zahllosen politischen Parteien.
Zwar sind in Mali noch immer viele politische Bewegungen aktiv, aber die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst. Auch wegen der Ignoranz, die viele Politiker gegenüber den wachsenden Problemen des Landes zeigen.
Nur allzu gern redet der Amtsinhaber und wahrscheinlich auch neue Staatspräsident Ibrahim Boubacar Keita die Lage schön. Dabei häufen sich die Schwierigkeiten: Radikale Islamisten gefährden die Sicherheit im Norden und im Zentrum Malis. Staatliche Ordnung hat dort oft aufgehört zu existieren: Es gibt keine Lehrer, die meisten Schulen sind geschlossen, Dorfvorsteher fürchten um ihr Leben, Polizisten und Richter haben das Weite gesucht.
Bei der Schaffung von Sicherheit und Ordnung ist Malis Armee überfordert. So bekommt sie Unterstützung von der Friedenstruppe der Vereinten Nationen MINUSMA, in der sich auch die Bundeswehr engagiert. Für die deutschen Soldaten ist es aktuell der zweitgrößte Auslandseinsatz überhaupt. Und ein Ende der Stationierung ist nicht absehbar.
Umso mehr sollte die Bundesregierung Malis politische Führung nach der Präsidentschaftswahl in die Pflicht nehmen. Kaum jemand zweifelt an Keitas Wahlsieg. Doch er muss endlich mehr tun, um die eskalierende Gewalt zwischen verfeindeten Bevölkerungsgruppen wie den Peulh und Dogon im Zentrum des Landes zu stoppen. Und er muss das Friedensabkommen mit den Tuareg im Norden Malis umsetzen. Denn ohne einen dauerhaften Frieden mit den Tuareg wird es nicht möglich sein, den Terror radikaler Islamisten einzudämmen. Wenn die Bundeswehr nicht noch Jahre in Mali stationiert sein soll, dann muss deutsche Politik die Probleme des westafrikanischen Landes ernster nehmen.
Der Autor ist Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker.