Mit Steinen und Feuerwerkskörpern werden die Polizisten angegriffen, die Lützerath räumen sollen. Dennoch bleibt die mediale Darstellung eisern bei der Sprachregelung, die Täter seien „Aktivisten“. Damit niemand auf die Idee kommt, das Radikalisierungspotential der Bewegung realistisch zu benennen, wurde der Begriff „Klimaterrorist“ just zum Unwort des Jahres gekürt. Dabei wissen wir frei nach Heinrich Heine, dass es von der Sach- zur Personenbeschädigung nur ein kurzer Weg ist: Gestern Tomatensuppe aufs Gemälde, heute Molotowcocktails auf den Polizisten. Und morgen?
Risiko einer als überkandidelt, hysterisch geltenden Ideologie
Warum tut man sich trotzdem so schwer damit, diese Ausschreitungen in aller Deutlichkeit zu verurteilen? Heiligt der Zweck etwa doch die Mittel, wenigstens manchmal? Wer Gewalt anwendet, erweist seinem Anliegen einen Bärendienst. Großkonzerne müssen sich Kontrollinstanzen unterwerfen, unsere Umwelt muss geschützt werden, völlig unstrittig. Anstatt zuzuschauen, wie sich die Klimabewegung radikalisiert, sollte man entschlossen dafür sorgen, dass gerechte Anliegen nicht in den Ruf geraten, Teil einer überkandidelten, hysterischen Ideologie zu sein.
Gerade Umweltschutz ist eine Angelegenheit, die nur gemeinschaftlich umgesetzt werden kann. Die Bereitschaft zu persönlichen Opfern steigt nicht durch Belehrung, überzogene Forderungen oder gar durch Tolerierung und Ausübung von Gewalt. Im Gegenteil: Greta Thunberg oder Luisa Neubauer sorgen dafür, dass man umgehend mit einem Porsche über deutsche Autobahnen brettern will. Nicht etwa, weil man Umweltverschmutzung liebt, sondern weil man angesichts des fanatischen Tunnelblicks dieser medial stets gut inszenierten Chefstrateginnen Klaustrophobie entwickelt und das dringende Bedürfnis nach Freiheit verspürt.
Die bedrückende Enge der jungen Generation
Diese bedrückende Enge geht von Angehörigen einer Generation aus, die keinerlei existenzielle Krisen zu bewältigen hatte. Im Vergleich zu früheren Zeiten oder anderen Kulturkreisen wurde ihnen in der Kindheit ein Höchstmaß an Achtsamkeit entgegengebracht.
Dennoch scheinen sie und ihre Jünger aus ihren „Privilegien“, wie sie es selbst nennen würden, keine konstruktive Energie generieren zu können. Sie haben weder gelernt, dass man Gefahren, denen man ausgesetzt ist, überstehen kann, noch, dass nicht alles im Leben ihrer Kontrolle unterliegt. Dass die Menschheit gefährdet ist, ist weder neu noch überraschend, sondern der Normalzustand unserer Spezies. Dass wir die Zukunft nicht in der Hand haben, ist keine großartige Erkenntnis.
Was früher als Psychose galt, ist heute Verantwortungsbereitschaft
Für eine beunruhigend große Zahl junger Menschen kommen diese Tatsachen dagegen einer heillosen Überforderung gleich. Nicht umsonst nennt sich eine Gruppe der Klimakämpfer „Letzte Generation“, überwältigt von verzweifelter Hoffnungslosigkeit. Selbst die Haltung, keine Kinder in die Welt setzen zu wollen, weil man ihnen das Leben nicht zumuten könne, wird mittlerweile nicht mehr als exotisch und überspannt, sondern als umsichtig empfunden.
Was vor wenigen Jahren als Psychose behandelt worden wäre, gilt heute als verantwortungsvoll: Aus Angst vor der – imaginierten – Zukunft wird diese lieber gar nicht erst gewagt.
Im ersten Teil der Prequels der Star Wars-Trilogie sagt Jedimeister Yoda zum späteren Darth Vader: „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“ Wer Angst und Wut zu den Maximen des eigenen Handelns macht, rettet weder Klima noch Menschheit, sondern gefährdet unsere Zukunft.
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