Eine bessere intellektuelle Unterfütterung der CDU-Politik hat Friedrich Merz in einem Interview kurz vor seiner Wahl gefordert. Jetzt kann er zeigen, was er sich darunter vorstellt. Merz hat Recht, wenn er beklagt, dass die Union der Gegenwart ziemlich weit entfernt zu sein scheint von jener Dekade, als Generalsekretäre wie Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler, das waren tatsächlich Intellektuelle und keine Parteifunktionäre, Antworten auf die Fragen der Gegenwart christdemokratisch ausbuchstabierten. Solche Antworten können nicht Allerweltsantworten sein, sondern sie müssen spezifisch ausfallen.
Christliche Intellektuelle müssen sich einbringen
Da kommt es zur Unzeit, dass der Historiker Andreas Rödder nun angeregt hat, die CDU solle darüber nachdenken, das „C“ aus ihrem Namen zu streichen. Vielleicht wollte Rödder, der ein kluger Kopf ist und sich in der Vergangenheit lesenswerte Gedanken darüber gemacht, was man heute eigentlich unter Konservativismus verstehen kann, mit seiner Provokation nur seine träge und traditionell denkfaule Partei etwas aufscheuchen.
Aber im Moment hat die größte Oppositionspartei keine Zeit für Glasperlenspiele aus dem Hauptseminar. Sie ist gefordert, und zwar gerade von dem „C“ in ihrem Namen aus. Sie steht in der Verantwortung, aus dieser Grundierung heraus der Ampel-Koalition und deren Agenda in Sachen Lebensschutz und Familienpolitik entgegenzutreten. Und mit Blick auf die Frage, wie man das am besten macht, ist tatsächlich alle intellektuelle Anstrengung nötig und gefragt.
Womit sich ein zweites Problem zeigt: Wo sind eigentlich die christlich geprägten Intellektuellen, die bereit sind, sich politisch einzubringen? Dass die nicht so leicht aufzuzählen sind, ist nicht allein die Schuld der Union. Sie hat schließlich weder die Aufgabe, noch die Möglichkeiten, solche Personen heranzubilden. Aber: Die, die da sind und an ihre Tür klopfen, denen sollte auch aufgetan werden.
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