Spätestens seit dem „Haus, das Verrückte macht“ aus „Asterix erobert Rom“ ist die Französische Verwaltungswut Legende. Die aufreibende Suche nach dem ebenso berüchtigten wie nutzlosen Passierschein A38 parodiert dabei die von den Franzosen als schwerfällig, kostenträchtig und unverständlich empfundene öffentliche Verwaltung. Nach den Krankenhäusern haben nun die freiberuflichen Ärzte die Faxen mit der staatlichen Gesundheitsversorgung dicke. Am Dienstag legten sie erneut einen Streiktag ein: für verwaltungstechnische Vereinfachungen und eine Neuaushandlung des Tarifabkommens mit der gesetzlichen Krankenkasse.
Wut gegen staatliche Krankenversicherung
Seit 2016 beträgt der Tarif für die von der Krankenkasse größtenteils erstatteten Sprechstundenhonorare bei 25 Euro – der europäische Durchschnitt liegt dagegen bei 45 Euro. Außerdem verbringen Ärzte bis zu einem Viertel ihrer Zeit damit, gesunden oder leicht erkrankten Personen ärztliche Atteste auszustellen, während sechs Millionen nur unter größten Anstrengungen einen Arzttermin erhalten. Die Wut der Ärzte richtet sich besonders gegen die staatliche Krankenversicherung, die weder dazu in der Lage ist, ein funktionierendes Informatiksystem bereitzustellen, noch bei einer signifikanten Tariferhöhung mitspielen will: Die Kassen sind leer.
Der Trend geht bei Ärzten nun dahin, aus dem Tarifabkommen auszusteigen und ihre Honorare frei festzusetzen. Heißt im Klartext: Das umlagefinanzierte Sozialversicherungssystem stößt nicht nur bei der Rente, sondern auch bei der Gesundheit an seine Grenzen. Eine weitere Staatsverschuldung kommt nicht in Frage. Weiterhin an kleinen Stellschrauben zu drehen und damit die praktizierenden Ärzte zu verärgern, auch nicht. Für Macrons Regierung ist es höchste Zeit, der Reform des Gesundheitssystems höchste Priorität einzuräumen, will sie nicht die Versorgung sozial Schwächerer gefährden
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