Karl hieß der erste wie auch der letzte abendländische Kaiser: Der Frankenherrscher Karl der Große war ab seiner Krönung durch Papst Leo III. am Weihnachtstag 800 in Rom der erste Kaiser im Westen, nachdem durch den Untergang Roms in der Völkerwanderung nur mehr das östliche Rom am Bosporus, Byzanz, einen Kaiser hatte. Karl aus dem Hause Habsburg war der letzte regierende Kaiser Österreich-Ungarns, das sich als Erbe des Heiligen Römischen Reichs verstand. Auch andere Kaiser dieses Namens haben sich tief ins kollektive Bewusstsein der Europäer eingegraben, allen voran der Habsburger Karl V., in dessen transatlantischem Reich die Sonne nicht unterging.
Karlspreise
Der "Internationale Karlspreis der Stadt Aachen", die wohl renommierteste Auszeichnung für Verdienste um die Einigung Europas, ist nach Karl dem Großen benannt. Der "Europäische Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft" jedoch nach Kaiser Karl IV., geboren am 14. Mai 1316 in Prag und getauft auf den Namen Wenzel; gestorben am 29. November 1378 ebenda. Mit unserem Interviewpartner Daniel Herman erhält heuer ein tschechischer Intellektueller, Theologe und Politiker diese höchste Auszeichnung der Sudetendeutschen.
Gegenüber der "Tagespost" erklärt der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, die Preisverleihung so: "Daniel Herman ist ein aufrechter christlicher Versöhner, dessen Familie unter den Nationalsozialisten und unter den Kommunisten schwer gelitten hat. Er selbst hat sich weder von der kommunistischen Diktatur noch von den vielen nationalistischen Angriffen, die er wegen seines Brückenschlags zu den Sudetendeutschen einstecken muss, verbiegen lassen. Mit christlichen Europäern wie ihm wird Böhmen wieder die positive Mittelpunktsfunktion für alle Europäer einnehmen können, die seiner großen Geschichte entspricht, die Daniel Hermann kennt wie kaum ein Zweiter."
Europäer
Wer aber war Kaiser Karl IV., nach dem die vor 75 Jahren aus den Ländern der Wenzelskrone vertriebenen Sudetendeutschen ihre höchste Auszeichnung benannten? Otto von Habsburg, der Erstgeborene des oben erwähnten österreichischen Kaisers und ungarischen Königs Karl sowie selbst einer der Träger des Karlspreises, beschrieb Karl IV. in einem Buch aus dem Jahr 1978 so: "Als Mensch war Karl die Integration des Europäertums. In seinem Blute waren die verschiedensten Rassen und Völker vereint. Seine Mutter Elisabeth war eine Przemyslidin, damit war auch eine Verbindung zu Polen gegeben. Der Vater war Luxemburger. Der Kaiser sprach fließend Deutsch, Französisch, Lateinisch, Tschechisch und Italienisch. In seinem Reich förderte er bewusst das Erlernen von Sprachen. Zwischen den einzelnen Nationalitäten war er eine einigende Kraft Wie später der Habsburger Karl V., glaubte er an den Begriff des Orbis Europaeus Christianus, an die große Gemeinschaft der christlichen Völker.
Böhmen im Fokus
In seiner Zeit war Prag deshalb viel mehr als nur die Hauptstadt des Königreiches Böhmen, es war der Mittelpunkt des gesamten christlichen Raumes Er war beispielgebend für jene internationale Integration im Wesentlichen, ohne die es kein wirklich europäisches Europa geben kann Man kann den deutschen Raum nicht vom slawischen oder lateinischen trennen. Sie alle gehen von Natur aus ineinander über, keiner von ihnen kann dauerhaft ohne den anderen bestehen."
Wen wundert es da noch, dass der Vater des modernen Europa-Gedankens, der altösterreichische Graf Richard Coudenhove-Kalergi, ein Kind Böhmens war: aufgewachsen auf Schloss Ronsperg, zwischen der Staatsgrenze zu Bayern und der Sprachgrenze zum Tschechischen. Dort, wie er selbst schrieb, wo "die deutsche und die slawische Welt zusammenstießen": im Sudetenland.
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