„Die Linke“ ist angesichts von Grabenkämpfen zwischen dem Lager um Sahra Wagenknecht, der Ikone der Partei, und der Mehrheitsströmung in einem desolaten Zustand. Sie verliert von Wahl zu Wahl an Stimmen, besonders drastisch bei den vier Landtagswahlen 2022, ist aber in vier Bundesländern an der Regierung beteiligt, die FDP nur an deren zweien. Bei der Bundestagswahl 2021 gelangte Die Linke lediglich deshalb ins Parlament, weil sie drei Direktmandate erringen konnte. Verlassen nur drei Abgeordnete die Fraktion, steht die Partei im Bund ohne Fraktionsstatus da. Bei den beiden Landtagswahlen, die am gleichen Tag wie die Bundestagwahlen stattfanden, in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, wurde Die Linke ebenfalls abgestraft. Trotzdem blieb sie in der Regierung oder geriet gar in diese.
Eine Koalition der Verlierer droht
Das scheint nun bei der Berliner Wiederholungswahl am Sonntag erneut der Fall zu sein. Die wahrscheinlichen Verluste dürften nicht zu ihrem Ausscheiden aus dem Senat führen. SPD und Grünen benötigen sie, wollen die beiden Parteien doch nicht Juniorpartner der offenbar erstarkten CDU sein. Was höchst misslich ist: Das Wahlverhalten wirkt sich somit nicht auf die Regierungsbildung aus. So kommt es in Berlin wohl zu einer Koalition der Verlierer.
Lieber wird ein linkes Dreierbündnis gebildet als ein heterogenes Zweierbündnis. Das hat zwar den Vorteil einer größeren Homogenität, aber den massiven Nachteil des „Weiter so“. Berlin, in dem wenig funktioniert und über das deswegen als „failed state“ gespottet wird, braucht endlich einen Neuanfang. Die bisherigen Regierungsparteien sind dazu nicht in der Lage. Eine Koalition der CDU mit den Grünen und gegebenenfalls den Liberalen unter dem freilich wenig charismatischen Kai Wegner wäre eine bessere Lösung. Die Linke gehört in die Opposition.
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