Zu Beginn des Monats August sind zahlreiche junge Menschen in ihre Ausbildungszeit gestartet. Ein aufregender Lebensabschnitt begann. Immerhin hieß es für die neuen Azubis in aller Regel: raus aus der Schule, rein in das Arbeits-Leben. Nicht alle erreichen das Ziel ihrer Ausbildung. Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Ausbildungsabbrüche in Deutschland. Im zurückliegenden Jahr wurde jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst. Private Gründe können hierfür genauso eine Rolle spielen wie Konflikte im Ausbildungsbetrieb oder eine zu niedrige Vergütung.
Für einige der Jugendlichen sind die Erwartungen an den gewählten Ausbildungsberuf zu hoch. Für andere die Herausforderungen im Betrieb und der Berufsschule zu groß. Letzteres gilt besonders für Jugendliche, denen es wegen persönlicher oder sozialer Probleme, fehlender oder schlechter Schulabschlüsse, mangelhafter Sprachkompetenz oder Grundbildung erst gar nicht gelingt, den Weg über eine Ausbildung in ein Existenz sicherndes Berufsleben einzuschlagen.
Jugendliche brauchen frühe Hilfe bei der Berufsfindung
Ob in solchen Fällen eine sogenannte „Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme“ der Bundesagentur für Arbeit wirklich „fit“ für die Ausbildung und das (Berufs-) Leben machen kann, ist fraglich. Es wird nicht wenige Jugendliche geben, die trotz dieser Maßnahme auf der Strecke bleiben und zeitlebens mit einfachen Gelegenheitsjobs oder längerer Arbeitslosigkeit konfrontiert sein werden.
Was diese Jugendliche, in denen trotz aller Hemmnisse mitunter ungeahnte Talente schlummern, wirklich brauchen, ist eine individuelle, bereits in der Schule ansetzende Förderung und Unterstützung bei der Berufsfindung. Sie brauchen konkrete Hilfe während der Ausbildung und schließlich die Begleitung in der Übergangsphase von der Ausbildung in ein festes Angestelltenverhältnis. Denn „Genies fallen nicht vom Himmel. Sie müssen Gelegenheit zur Ausbildung und Entwicklung haben“, sagte einmal August Bebel. Soll das Problem der – in Folge der Corona-Pandemie wieder ansteigenden – Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig angegangen werden, dann muss die Arbeitsmarktpolitik neue Ansätze einer inklusiv ausgerichteten Berufsausbildung fördern, die über das rein Fachliche hinaus auch auf eine umfassende Beschäftigungsfähigkeit von Jugendlichen zielt.
Jugendlichen eine Brücke in die Arbeitswelt bauen
In Zeiten von Fachkräftemangel und unbesetzten Ausbildungsstellen wäre das auch eine Investition in die Wirtschaft unseres Landes. Auch die Ausbildungsträger selbst können und müssen sich in der Begleitung und Förderung ihrer Auszubildenden engagieren. Der Sozialethiker und Ökonom Joseph Kardinal Höffner beschrieb einmal den „Betrieb als Lebensraum“, der „letztlich im Dienst der Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen stehen muss –, nicht bloß im Dienst des Kapitals und nicht bloß im Dienst der Produktion und der Kundschaft“. Jugendlichen eine Brücke in das Arbeits-Leben zu bauen, damit sie ihren persönlichen Weg finden und gehen können, ist im Sinne der Solidarität und Subsidiarität eine sinnvolle und gebotene Aufgabe.
Die Kolumne erscheint in Kooperation mit der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach.