Handwerk

Handwerk: Neues Image gesucht

Obwohl im Handwerk keine schlechten Verdienstmöglichkeiten winken, mangelt es trotzdem immer noch an Nachwuchskräften.
Ausbildung im Handwerk
Foto: dpa | Eine Ausbildung im Handwerk schafft viele Perspektiven: Ein Azubi übt sich im Gasschweißen im Berufsbildungszentrum der Erfurter Handwerkskammer.

Handwerk hat goldenen Boden.“ – Das trifft auch heute noch zu. Zumindest wenn man damit verbindet, dass das Handwerk ein sicheres Auskommen bietet. Durch den Nachwuchsmangel haben junge Menschen, die sich für einen Beruf im Handwerk entscheiden, gute Zukunftsaussichten. Trotzdem entscheiden sich nur sehr wenige Menschen für das Handwerk.

Der Generationsforscher Rüdiger Maas versuchte im August in einem Interview bei „ZDF heute“ die Ursachen zu beschreiben. Auf die Frage „Warum entscheiden sich viele junge Menschen für ein Studium und nicht für das Handwerk?“ gab der Forscher die Antwort: „Weil es bequemer ist und weil es einfacher ist. Viele junge Menschen gehen aufs Gymnasium, das bereits auf das Studium vorbereitet. Außerdem hat das Handwerk schon lange ein Image-Problem.“ Tatsächlich ist das Image in Deutschland schon seit vielen Jahren schlecht. Daher kommt Handwerk im internationalen Vergleich für junge Menschen in Deutschland nur sehr selten in Betracht. Eine im August veröffentlichte Studie des US-Mischkonzerns 3M kam zum Ergebnis, dass nur zehn Prozent der Menschen in Deutschland in einem handwerklichen Beruf tätig sind. Nur 18 weitere Prozent haben jemals über eine Laufbahn in der Branche nachgedacht. Das ist der niedrigste Wert aller 17 untersuchten Länder. Für die Studie von 3M wurden im Auftrag des Marktforschers Ipsos in 17 Ländern jeweils rund 1 000 Menschen befragt – darunter Deutschland, Frankreich, die USA, Großbritannien, Brasilien, Indien und Mexiko. Fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) gaben an, sie seien nicht im Handwerk tätig und hätten auch noch nicht darüber nachgedacht, dort eine Laufbahn anzustreben. In Frankreich etwa waren es, zum Vergleich, 56 Prozent.

Durchaus gute

Weiter glaubten nur 49 Prozent der Befragten in Deutschland, dass sie mit einer handwerklichen Ausbildung ähnlich gut verdienen könnten wie mit einem vierjährigen Studium. Auch das war in der Studie der niedrigste Wert unter den betrachteten Ländern. Im Ländervergleich lag der Wert durchschnittlich bei 71 Prozent.

Dabei kann eine Meisterkarriere durchaus mit einer Karriere mit Studienabschluss mithalten. Bis zum Alter von 60 Jahren verdienen Akademiker teilweise sogar weniger Geld als eine Person mit einem Meisterabschluss. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Studie „Lebenseinkommen von Berufsausbildung und Hochschulstudium im Vergleich“ des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung an der Universität Tübingen.

Auch im Handwerk ist die Zukunft digital

Gegen den schlechten Ruf anarbeiten – das haben sich die Handwerkskammern schon seit vielen Jahren vorgenommen. Immer wieder starten sie teure Imagekampagnen, um den Nachwuchs für sich zu interessieren. Mit den Vorurteilen gegenüber den Handwerksberufen soll gebrochen werden. Und tatsächlich hat das Handwerk auch schon viel erreicht.

Tradition und Innovation – für das Handwerk sind beide Punkte inzwischen wichtig. Wer bisher geglaubt hat, mit einem handwerklichen Beruf eine angestaubte Tätigkeit zu erlernen, wird schnell eines Besseren belehrt. Die Handwerksbranche ist mittlerweile ohne die Anwendung neuester Technologien und digitaler Verfahren nicht mehr denkbar. Die Digitalisierung erschließt für das Handwerk neue Chancen und Möglichkeiten.

Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) kam im letzten Jahr zum Ergebnis, dass Handwerk digitaler wird. Schon 68 Prozent der Betriebe setzen heute auf digitale Technologien. 2020 waren es mit 53 Prozent noch deutlich weniger, 2017 waren es sogar nur 45 Prozent.

Fit in digitaler Gebäudetechnik

Wie das aussehen kann, zeigt die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. In Schwandorf wurde im vergangenen Jahr das sogenannte „Zentrum für digitale Gebäudetechnik“ eingeweiht, das inzwischen bundesweit als wegweisend gilt. „Wir möchten unsere Betriebe in Sachen digitaler Gebäudetechnik zukunftsfit machen, sie bedarfsgerecht weiterbilden und passgenau beraten“, sagte damals Ostbayerns Handwerkspräsident Georg Haber mit Blick auf die Idee und Motivation für das millionenschwere Bauprojekt. Alle relevanten Bauwerksdaten können in Schwandorf digital modelliert, kombiniert und erfasst werden. Die Initiatoren des Zentrums sind davon überzeugt, dass sich die dort praktizierte Methode des sogenannten Building Information Modeling in Zukunft bei öffentlichen Bauprojekten durchsetzen wird. Auch für private Bauträger könnte das interessant werden.

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Stefan Rochow

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