Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und eine drohende Klimakatastrophe bezeichnen nur zwei Phänomene eines Veränderungsprozesses, der alle Gewissheiten unserer Wohlstandsidylle infrage stellt. Worauf können wir uns noch verlassen, wenn alles wegbricht, was uns bisher trügerische Sicherheit versprach?
Staat und Unternehmen geraten ebenso unter Druck wie die mit Glaubwürdigkeitsproblemen kämpfende Amtskirche. Wir scheinen in diesen bitteren Zeiten auf uns selbst zurückgeworfen – und sind doch nicht allein, wenn wir auf Gott vertrauen. Gott ist Liebe und hat mit uns Menschen einen Bund geschlossen, der dem Leben Perspektive gibt. Die christliche Sozialethik fußt auf der Überzeugung, dass wir als Ebenbilder Gottes zu einem geschwisterlichen Miteinander berufen sind. Wenn Geld, Gas und Lebensmittel knapp werden, schlägt die Stunde der Solidarität. In der Familie lernen wir füreinander einzustehen. Weiten wir dieses Netz auf Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen aus und schärfen unseren Blick für die Bedürftigen am Rande der Gesellschaft.
Ein aufmerksames Ohr für Andere
Helfen wir einander nicht nur materiell – lebt doch der Mensch bekanntermaßen nicht vom Brot allein. Vielen geht es psychisch schlecht, denn der Veränderungsdruck übersteigt ihre Anpassungsfähigkeit. Schenken wir deshalb dem Anderen unser aufmerksames Ohr. Dafür braucht es innere Kraftquellen, aus denen wir Hoffnung schöpfen – und diese Quellen fließen aus Gott und stehen dem Menschen jederzeit offen. Sie sprudeln für jeden, doch wer nicht aus ihnen trinkt, wird weiter dürsten. In der Not lernt der Mensch bekanntlich beten: Aber wir müssen nicht darauf warten in Not zu geraten, um Gott zu suchen. Entdecken wir den Reichtum christlicher Spiritualität jetzt wieder neu – wappnen wir uns mit einem Gebetsschatz, der uns von morgens bis abends begleitet, am besten mit jedem Atemzug. Atmen wir außerdem bewusst und tief: Ruhiges Atmen war unter anderem Michael Schumachers Erfolgsrezept für seine Grand-Prix-Siege.
Bitten wir morgens um Gottes Hilfe für den Tag und reflektieren abends auf das, was uns mehr oder weniger gelungen ist. Bitten wir vor dem Essen um Gottes Segen und danken Ihm danach für seine Speisen.
Sich im Alltag mit Gott verbünden
Verbünden wir uns im Alltag mit Gott. Das befreit von Ängsten und steigert unsere Fähigkeit, komplexe Herausforderungen zu bewältigen. Bündeln wir als Christen unsere Kräfte, damit wir in verlässlicher und vertrauensvoller Gemeinschaft seinen Bund stärken können. Übrigens wird Spiritualität als Erfolgsfaktor gerade im Management entdeckt: Spiritualität speist das Leben mit Sinn und befähigt zur permanenten Transformation. Wer in stürmischen Zeiten bestehen will, sollte seine geistigen Wurzeln kennen. Das stärkt die Resilienz und Kreativität zur Lösung drängender Probleme. Unsere Welt ist bedroht wie nie zuvor – christliche Spiritualität befähigt zum Wandel, um das gemeinsame Haus unserer Erde lebenswert zu erhalten.
Der Autor lehrt Philosophie an der Universität Siegen, der Hochschule für Philosophie München und der WHU Vallendar. Die Kolumne erscheint in Kooperation mit der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ) in Mönchengladbach.
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