Für einen echten Jahresrückblick ist es Mitte Dezember vielleicht noch etwas früh. Politisch und wirtschaftlich ist 2025 aber mehr oder weniger gelaufen. Im Deutschen Bundestag ist die ganz große Kuh vom Eis: Die Regierung hat ihr Rentengesetz über die Bühne gebracht und könnte sich nun vom chaotischen „Herbst der Reformen“ ausruhen. Auf der Habenseite stehen nun unter anderem Frühstart- und Aktivrente, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, eine Stromsteuer- und Netzentgeltsenkung und der geplante Industriestrompreis, außerdem die schuldenfinanzierten Ausgabenprogramme.
Noch vor Weihnachten will das Kabinett zudem eigentlich die Bürgergeldreform beschließen – wobei Bundeskanzler Merz am Dienstag überraschend angedeutet hatte, das „leidige Thema“ wohl doch erst auf den allerletzten Drücker vor der Weihnachtspause durchzubekommen – „wenn es gut geht“. Ein bisschen Drama scheint Schwarz-Rot also auch nach dem Rentenklimax noch bieten zu wollen. So oder so: Strukturreformen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Landes ernsthaft verbessern, sind die Änderungen allesamt keine, eher schon überschaubare Symptombehandlungen mit teils hohen Kosten. Mit dem gesamten nun beschlossenen Rentenpaket marschiert die Republik noch dazu stramm in Richtung höherer Sozialabgaben, Staatsschulden und wohl auch Steuern: Gift für die zukünftige Handlungsfähigkeit des Staates, aber auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts.
Das Problem ist nicht die Konjunktur
Dementsprechend sorgenvoll sind die Stimmen aus Wirtschaft und Wissenschaft, unterlegt von katastrophalen Zahlen: So haben 2025 nach einer Hochrechnung von „Creditreform“ fast 24.000 Betriebe Insolvenz angemeldet, so viele wie nie in den letzten zehn Jahren. Wie die „Wirtschaftsweisen“ hat auch die OECD die Wachstumsprognose für 2026 nach unten korrigiert, auf nur noch 1,0 Prozent. Und auch das renommierte ifo Institut erwartet wohl weniger Wachstum als noch bei der letzten Schätzung im September. „Nicht weit entfernt von Null“ werde das Wachstum landen, orakelte ifo-Präsident Clemens Fuest auf einer Veranstaltung am Montag. Schon seit dem Sommer ist klar, dass Deutschland im Vergleich zu 2024 weit über 100.000 Industriearbeitsplätze verloren hat, während im öffentlich finanzierten Gesundheitssektor etwa dieselbe Zahl an Jobs dazu kam; auch in der öffentlichen Verwaltung wächst die Beschäftigung. Insgesamt war die Arbeitslosigkeit leicht im Steigen begriffen, aktuell liegt sie bei 6,1 Prozent.
Alles in allem wird immer klarer, dass Deutschland nicht einfach an einer konjunkturellen Schwächephase leidet, sondern sich – wie bereits seit Jahren – in einer strukturellen Krise befindet. Stärkere Konkurrenz aus China, ein von Zöllen belasteter Welthandel, politisch verursacht dauerhaft hohe Energiepreise, Bürokratie und demografische Alterung begrenzen die Wachstumsmöglichkeiten für die deutsche Wirtschaft. Umso wichtiger, die vorhandenen Chancen zu nutzen. 2026 wird zeigen, ob die Regierung noch einmal die Kraft findet, nach einem vor allem teuren Jahr 2025 das Ruder herumzureißen, etwa mit einer wirklich die Lohnnebenkosten begrenzenden Rentenreform.
Die Wirtschaftskrise geht auch die Amtskirchen etwas an, die als große Arbeitgeber einerseits ein direktes Interesse an einem hohen Kirchensteuerertrag haben und andererseits in sozialen Einrichtungen wie kirchlichen Krankenhäusern von einer stabilen Finanzlage der Sozialversicherungen abhängig sind. Am Donnerstag will die Deutsche Bischofskonferenz dementsprechend mit der Vorstellung eines neuen Dokuments zur Zukunft der Sozialversicherungen einen eigenen Reformimpuls für einen „gerechten und verlässlichen Sozialstaat“ beisteuern. Man darf gespannt sein, wie sich die nicht gerade für neoliberalen Reformeifer bekannten Bischöfe angesichts der finsteren Aussichten positionieren.
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