Wirtschaft und Soziales

Der Politik-Kenner

Johannes Zabel OP ist neuer Vorsitzender der Joseph-Höffner-Gesellschaft. Von Heinrich Wullhorst
Dominikanerpater Johannes Zabel
Foto: Jörg Sarbach | Ein Rheinlandfan: Der Dominikanerpater Johannes Zabel.

Irgendwie bin ich schon vorgeburtlich zum Dominikaner geprägt worden“, erzählt Pater Johannes Zabel. Der 59-Jährige stammt aus dem Westfälischen Datteln, dort, wo Kohlenpott und Münsterland aneinanderstoßen. Schon sein Großvater hat eine besondere Beziehung zu den Dominikanern. Er schickt Johannes Zabels Vater auf ein Internat des Ordens. Die Idee dahinter, Nachwuchs für die Gemeinschaft zu gewinnen. Allerdings dauert es eine weitere Generation, bis Johannes Zabel den Weg in den Orden findet. Selbst das geht nicht sofort. Erst mit fast 40 Jahren beginnt er mit dem Postulat in Worms.

Der Rhein hat es dem Westfalen angetan, er lässt ihn seit dem Studium an der Universität zu Köln nicht mehr los. Fast alle Lebensstationen verbringt er an diesem Fluss. „Auf meinem akademischen Weg studierte ich mich nach oben“, merkt er mit einem Schmunzeln an. Angefangen mit den Wirtschaftswissenschaften folgen die Soziologie, Philosophie und Pädagogik. Später, bereits im Orden, kommt die Theologie dazu. „Höher ging es nicht mehr“, stellt der Pater heute fest. Bevor er zu diesem Höhenflug ansetzt, verschreibt sich Zabel der Politik. Eine Zeit lang arbeitet er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag. Damals, als der noch seinen Sitz im rheinischen Bonn hat. Der Alltag dort ist ihm zu theoretisch. Er will Politik mitgestalten und wechselt in das Konrad-Adenauer-Haus. In die Parteizentrale der CDU. Es ist die Kohl-Ära, die Zeit unmittelbar nach dem Mauerfall, damals, als die Einheit geplant und politisch organisiert wird. In der Grundsatzabteilung der Christdemokraten begleitet Zabel 1990 gleich drei Wahlkämpfe mit. Zunächst den zur Wahl der letzten Volkskammer der DDR, danach die Landtagswahlkämpfe in den fünf neuen Bundesländern und schließlich im Dezember 1990 die Bundestagswahl. Dass es eine spannende Zeit war, spürt man an der Begeisterung, mit der Zabel davon berichtet: „Wir sind mit Mietwagen aus Bonn mit jeweils zwei Referenten in Richtung Osten gefahren. Wir hatten noch keine Handys, was die Kommunikation nicht gerade erleichterte. Auch Hotels waren kaum zu bekommen.“

Ungewöhnlich für Zabel: Bei der Entscheidung, wo der künftige Regierungssitz und die Bundeshauptstadt sein soll, bekennt der Rheinlandfan, dass sein Herz für Berlin schlägt. Vielleicht auch deshalb wechselt er aus dem Adenauer-Haus in den Berliner Senat. Der damalige Bundesgeschäftsführer der CDU Peter Radunski wird dort 1991 Senator für Bundes- und Europaangelegenheiten. So arbeitet Zabel in der Folge für Berlin, bleibt aber am Rhein. Er ist Büroleiter in der Landesvertretung Berlins in Bonn und Referent des Ministers. In der Zeit nach der Wiedervereinigung erlebt Zabel „die Veralltäglichung des Charismas“, wie er Max Weber zitiert. „Nach der ersten Aufbauphase nimmt man vieles in der Entwicklung schnell als Alltag wahr, es wird weniger interessant.“ Mit dem schwindenden Interesse an der aktiven Politik wächst die Begeisterung für den Dominikanerorden, der ihn sein ganzes Leben begleitet hat.

Als er das Studium in Köln beginnt, ist die Wirtschaftsfakultät nur 300 Meter entfernt vom Provinzialat der Dominikaner. Zabel, der in einer Dominikanerpfarrei aufgewachsen ist, engagiert sich dort als Ministrant und Lektor. Er erhält einen neuen Blick auf die sich verändernde Dominikanergemeinschaft, die in den 70er und 80er Jahren, wie er es beschreibt, starken politischen Richtungskämpfen ausgesetzt war. In den 90er Jahren normalisiert sich das, weiß der Pater, da waren „die wilden Zeiten vorbei“. Der Kölner Prior ist damals jünger als Zabel selbst. So sieht er eine Zukunft für die Gemeinschaft und beginnt mit Postulat und Noviziat in Worms, natürlich am Rhein. Er studiert Theologie in Bonn, in Berkeley und wird 2007 von damaligen Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erwin Josef Ender, zum Priester geweiht. Von 2011 bis 2015 ist Johannes Zabel Hochschulseelsorger an der Universität Vechta, ehe es ihn dann wieder 2016 an seinen Fluss zieht. Seitdem gehört er dem Wormser Konvent an.

Seit einigen Tagen ist Zabel, als Nachfolger von Lothar Roos, Vorsitzender der Joseph-Höffner-Gesellschaft, deren Geschäftsführer er zehn Jahre lang war. Die Gesellschaft will die Erinnerung an den ehemaligen Kölner Erzbischof bewahren. Sie will dem Ökonomen und Theologen Höffner auch heute eine Stimme geben und die Soziallehre der Kirche im Sinne seines wissenschaftlichen, sozialen und pastoralen Lebenswerkes pflegen. Zabel ist es dabei wichtig, das ökonomische Element in der Kirche, vor allem in der Wirtschaftsethik, stärker zu beleben. Die Weitergabe der Prinzipien der Christlichen Gesellschaftslehre ist für ihn eine weitere zentrale Aufgabe. „Das war früher leichter, als Menschen, die in den katholischen Sozialverbänden ein Ehrenamt im Raum der Kirche bekleideten, aus diesem Amt hinaus in Politik und Zivilgesellschaft wirkten“, räumt der Pater ein. Eine reizvolle Aufgabe, zumal die Geschäftsstelle der Gesellschaft in Köln am Rhein ist.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe

Themen & Autoren
CDU Deutscher Bundestag Dominikaner-Orden Erzbischöfe Joseph-Höffner-Gesellschaft Max Weber Päpstlicher Botschafter

Weitere Artikel

Der Vatikan habe dem Erzbistum nun ein klares Aus für die weitere Zusammenarbeit mit Laien bei der Wahl des neuen Erzbischofs erteilt, so der Paderborner Dompropst Joachim Göbel.
12.04.2023, 18 Uhr
Meldung

Kirche

Wegen Überfüllung geschlossen: 16000 Pilger aus 28 Ländern wandern am kommenden Wochenende zu Fuß von Paris nach Chartres.
28.05.2023, 13 Uhr
Franziska Harter
In der 56. Folge des Katechismuspodcasts mit der Theologin Margarete Strauss geht es um die Frage, wie der Mensch mit der Vorsehung zusammenarbeitet.
27.05.2023, 14 Uhr
Meldung
„Das war die Vorsehung!“ Aber was genau ist das eigentlich? Dieser Frage widmet sich Theologin Margarete Strauss in der 55. Folge des Katechismuspodcasts.
26.05.2023, 14 Uhr
Meldung
In der 54. Folge des Katechismuspodcasts geht es mit Theologin Margarete Strauss um die Schöpfungstätigkeit Gottes.
25.05.2023, 18 Uhr
Meldung
Historisch, theologisch, spirituell: Welche Aspekte laut "Premio Ratzinger"-Preisträger Ludger Schwienhorst-Schönberger eine zeitgemäße Bibelwissenschaft auszeichnen. 
27.05.2023, 17 Uhr
Ludger Schwienhorst-Schönberger