Der Gemeinderabbiner Yechiel Brukner plädiert für ein Entfernen der antisemitischen Installationen aus dem Kölner Dom“, erläutert Abraham Lehrer die eine Sichtweise auf das sensible Thema von eindeutig antisemitischen Darstellungen in der Kathedrale der Rheinmetropole. Die andere Position lautet: „Andere jüdische Stimmen möchten eine exakte Benennung sowie freieren und leichten Zugang zu diesen Stellen.“
Es erschreckt, was nach der Shoah eingebaut wurde
Zumindest in dieser Hinsicht ist nun ein erster großer Schritt getätigt worden. „Der Kölner Dom und die Juden – Ein thematischer Rundgang“ ist die unter anderem von Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, präsentierte neue Broschüre aus dem Kölner Domverlag betitelt. Das mit zahlreichen Fotos und kommentierenden Texten auf Hochglanzpapier gestaltete Heft liefert einen Rundgang entlang jener Objekte im und am Dom, die polemisch antisemitische Darstellungen oder diffamierende Anspielungen aufnehmen.
Neben Vertretern der Synagogen-Gemeinde Köln wie etwa deren Vorstandsmitglieder Abraham Lehrer und Bettina Levy haben Mitglieder des Kölner Domkapitels, des Evangelischen Stadtkirchenverbandes sowie der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit vor fünf Jahren die Arbeitsgemeinschaft „Der Dom und die Juden“ initiiert. Der Vorsitzende der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Professor Jürgen Wilhelm, unterstrich bei der Präsentation des weit über Köln hinaus beispielgebenden Hefts mit Blick auf das in den 1960er-Jahren eingebaute sogenannte Kinderfenster mit einigen antijüdischen Motiven: „Es erschreckt, dass nach der Shoah so etwas noch eingebaut werden konnte.“
Der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich, der gleichfalls in die Tätigkeit der AG eingebunden ist, ergänzte in diesem Zusammenhang: „Wie kein anderes Bauwerk spiegelt die Ausstattung des Doms das gespaltene Verhältnis zwischen der christlichen Mehrheitsgesellschaft und der jüdischen Gemeinde im Mittelalter wider.“ Dieses Viertel, dessen bauliche Zeugnisse in den vergangenen Jahren freigelegt wurden und über denen im Jahr 2024 das jüdische Museum eröffnen soll, befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Kölner Wahrzeichens.
Von Duldung bis Feindseligkeit
Die Geschichte von Duldung und Ausgrenzung bis hin zu offener und blutiger Feindseligkeit jüdischen Menschen gegenüber können interessierte Besucher auch anhand einer sehr lehrreichen Ausstellung (bis 15. August) verfolgen, die bei der Vorlage der Broschüre im „Domforum“ eröffnet wurde.
Anhand mehrerer aussagekräftiger und ansprechend gestalteter Stelen wird das wechselvolle und mitunter problematische Verhältnis dargestellt. Dabei geht es um die jüdischen Wurzeln des Christentums ebenso wie um den christlichen Antijudaismus. „Das Christentum ist ohne das Judentum nicht vorstellbar“, unterstreicht der Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser. Dies ergänzt der Kölner Dompropst Monsignore Guido Assmann mit den Worten: „Ohne die Verwiesenhit auf das Volk Israel lässt sich das Heilsgeschehen in Jesus Christus nicht verstehen.
Weihbischof Steinhäuser weist dabei vor allem auf die vierte Stele der Ausstellung hin. Sie thematisiert das heutige Verhältnis zwischen der Katholischen Kirche und dem Judentum, welches von Aussöhnung und Miteinander geprägt ist. Steinhäuser wörtlich: „Die Katholische Kirche fühlt sich einer kritischen Auseinandersetzung mit dem christlich-jüdischen Erbe verpflichtet.“ Einen weiteren Schritt unterstützen Bettina Levy und Abraham Lehrer im Vorwort der Broschüre: „Die Idee über einen Wettbewerb ein Kunstwerk zu erhalten, welches für das heutige Verhältnis zum Judentum steht, trägt unsere volle Zustimmung.“
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