Im satten, fast schon goldenen Licht des Herbstes leuchtet die Kirche Maria Wörth auf der gleichnamigen Halbinsel in besonderem Glanz. Nicht, dass es die Wallfahrtskirche nötig hätte, so zu strahlen, denn der geschichtsträchtige Ort zieht jährlich zahlreiche Pilger und Ausflügler an, aber prächtig sieht es schon aus. Allein schon ihre Lage mit Blick über den See ist beeindruckend. Jetzt im Herbst findet man hier Ruhe und einen Ort zur Besinnung und zur inneren Einkehr. Bis 1770 stand die Wallfahrtskirche noch im Wörthersee – inzwischen ist die malerische Insel dank Aufschüttungen mit dem Festland verbunden und eine Station auf dem Marienpilgerweg durch Kärnten.
Der Marienpilgerweg verbindet einige der schönsten und bekanntesten Marienkirchen Kärntens, ausgehend von Maria Rojach im Lavanttal geht er bis zur berühmten Wallfahrtskirche in Maria Luggau im Lesachtal. Dabei sind 266 Kilometer auf den zehn Tagesetappen zurückzulegen. Am 11. Oktober 2025 findet in Kärnten, passend zum Marienpilgerweg, der Frauenpilgertag statt. Organisiert wird der österreichweite Frauenpilgertag von der Katholischen Frauenbewegung, der von Frauen für Frauen gestaltet wird. Jährlich machen sich tausende weibliche Pilgerinnen – in der Gemeinschaft von Gleichgesinnten – zu Orten wie diesem auf, um eine Auszeit vom Alltag zu nehmen und Abstand vom täglichen Informationsüberfluss zu gewinnen.
Zahlreiche Geschichten
Doch zurück an das Ufer des Wörthersees und seine älteste Pfarrkirche, deren Vergangenheit zahlreiche Geschichten geprägt haben. Um das Jahr 875 wurde in Maria Wörth auf dem höchsten Plateau der Insel eine Marienkirche errichtet. Später kam eine zweite Kirche, die sogenannte Winterkirche, dazu. Beide wurden Ende des 14. Jahrhunderts bei einem Feuer zerstört, aber wieder aufgebaut. Fast zwei Jahrhunderte später wurden sie vom Jesuitenorden übernommen, um Ende des 18. Jahrhunderts wieder zu einer weltlichen Pfarre zu werden. Anfang des nächsten Jahrhunderts hat man die Pfarre Maria Wörth gemeinsam mit der Herrschaft Leonstein bei Pörtschach dem Lavanttaler Stift übergeben.

An der Ostseite einer der ältesten Kirchen Österreichs steht ein Grabstein mit der Inschrift: „Ottilie von Herbert, geboren den 18. Juli 1825, verunglückt im Wörthersee am 26. September 1847. Ich will wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr dort seid, wo ich bin.“ Bei einer Bootsfahrt im Frühherbst verunglückte die Adelige tödlich. Nie ganz geklärt wurde, ob ihr Boot kenterte oder sie den Freitod wählte. Später fand man am Klavierpult der Baronesse Ottilie von Herbert ihre ergreifend schöne Moll-Komposition mit dem traurigen Text: „I tua wohl, i tua wohl / als wann ma nix war,/ aber drin in mein herzen,/ da is ma so schwar …“. Bekannt ist sie nicht nur durch diesen „Schwanengesang“, sondern auch dank des Kärntnerlieds geworden.
Entstanden ist der Wörthersee, der nicht nur jetzt im Herbst außergewöhnlich intensiv türkisfarben schimmert, durch Ausschürfungen des mächtigen Drau-Gletschers, der eine über 80 Meter tiefe, furchenartige Wanne hinterlassen hat. Bei einer Bootsfahrt, die dank des besonders warmen Wassers auch im Herbst noch ein Vergnügen ist, erlebt man seine Vielfalt auf besonders eindrucksvolle Weise. Auch soll man an „stillen Abenden“, wenn man an der „Schwarzen Wand“ des Wörthersees vorbeischippert, Klänge und Geläute aus den Tiefen des Sees hören. Bootsführer und Kapitän Robert erzählt die Legende, die sich um den See rankt: „Einst soll sich an der Stelle des Sees eine prächtige Stadt befunden haben. Ihre Bewohner waren reich und vom Leben verwöhnt.
Sie überhörten die Kirchenglocken
Bei einem ihrer ausschweifenden Feste, am Vorabend des heiligen Osterfestes, überhörten die Feiernden die Kirchenglocken. Da erschien plötzlich ein kleines eisgraues Männchen und ermahnte die Festgäste, heimzukehren. Doch statt nach Hause zu gehen, wurde das Männlein verhöhnt und ausgelacht. Mit einem Fässchen kam es kurz vor Mitternacht zu den Feiernden zurück und ermahnte sie noch einmal, endlich heimzukehren. Auch diese Warnung nahm niemand ernst und das Männchen öffnete um Mitternacht sein kleines Fass. Die Lichter erloschen und ein gewaltiges Gewitter zog auf. Aus dem geöffneten Fässchen strömten ebenfalls riesige Wassermassen heraus – bis die gesamte Stadt unter dem Wasser begraben wurde und der Wörtersee entstanden ist.“ Will man der Sage glauben, liegt unter der glänzenden Wasseroberfläche die einst so prächtige Stadt verborgen. In der versunkenen Stadt vom Wörthersee hausen angeblich riesige Fische und Wasserschlangen.

Ganz real dagegen ist das grüne, unberührte Fleckchen mitten im See, umgeben von einem dichten Schilfgürtel. Die Kapuzinerinsel liegt zwischen Pörtschach und Maria Wörth und ist die einzige und somit letzte Insel im See, die ausschließlich mit dem Boot zu erreichen ist. Ihren Namen verdankt sie den Kapuzinerpatres, die sie bis Ende des 19. Jahrhunderts immer wieder bewohnten – und als meditative Einsiedelei nutzten. Früher gab es mehrere Inseln im See, die inzwischen durch künstliche Aufschüttungen zu Halbinseln geworden sind. Davon blieb die Kapuzinerinsel verschont, denn sie ist seit fast 60 Jahren Naturdenkmal. Die Insel ist Brutstätte und Rastplatz zahlreicher Vogelarten.
Zurück im Hafen von Velden verhallt die schaurige Geschichte vom „Seemandl“, wobei der idyllische Ausblick über den spiegelblanken See sein Übriges dazu beiträgt. Hier am Seeufer gegenüber vom Schloss Velden wartet schon die nächste Geschichte. Prächtig glänzt die gelbe Fassade von Schloss Velden, das einen herrlichen Blick über den Wörthersee bietet. Gebaut wurde es im 16. Jahrhundert von Bartholomäus Khevenhüller, Freiherr von Aichelberg, der dem gleichnamigen einflussreichen Kärntner Adelsgeschlecht angehörte. Ende des 19. Jahrhunderts – mit dem aufkommenden Tourismus am See – kaufte es der Wiener Porzellanfabrikant Ernst Wahliss, der zuvor bereits mehrere Hotels am See errichtet hatte.
Der Investor ließ es im Stil der Neorenaissance umbauen, wobei die Fassade nach alten Ansichten rekonstruiert wurde. Die Räume im Inneren wurden zur Hotelnutzung hergerichtet. In den 50er-Jahren war es dann die Kulisse für die Fernsehserie „Ein Schloss am Wörthersee“, in der der Schlagersänger Roy Black den Hoteldirektor spielte, bis Uschi Glas die Rolle nach seinem tragischen Tod übernahm. In den 90er-Jahren kaufte der Schauspieler Gunter Sachs das Schloss und ließ es aufwendig renovieren. Anfang 2000 übernahm eine Kärntner Bank die Immobilie und ließ sie sanieren. Knapp zehn Jahre später ging das historische Gebäude an die Immobilienfirma des mittlerweile verstorbenen Billa-Gründers und Milliardärs Karl Wlaschek, dessen Porträt als Schlossherr noch heute in der Lobby des inzwischen zur Falkensteiner-Gruppe gehörenden Fünf-Sterne-Hotels hängt. Zur Seeseite liegt auch die Bar des Hotels, in der man sich am Tresen die letzte Geschichte des Tages erzählen kann.
Details zu den Routen gibt es unter www.frauenpilgertag.at und
www.kath-kirche-kaernten.at/dioezese/detail/C2741/frauenpilgertag-2025.
Die Autorin ist freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Reisen.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.