Costa Rica, oft als „die Schweiz Lateinamerikas“ bezeichnet, beeindruckt mit politischer Stabilität, Umweltbewusstsein, atemberaubender Natur und Menschen, die zu ihrem christlichen Glauben stehen. Trotz seiner überschaubaren Größe beheimatet das zentralamerikanische Land rund fünf Prozent der weltweiten Artenvielfalt. Im Unterschied zur Trockenzeit von Dezember bis April zeigt sich das Land zur Regenzeit von seiner ursprünglichen Seite – nass, wild und faszinierend.
Viele junge Menschen zieht es aktuell nach Costa Rica – wie die 21-jährige Elena aus Südtirol. Sie jobbt in einem kleinen Hotel in der Provinz Guanacaste, unweit der Grenze zu Nicaragua in der Nähe von La Cruz. Der Grund der Reise der Italienerin war: „Weil ich die Latino-Kultur mal erleben wollte. Es ist auf jeden Fall eine komplett andere als die italienische und die deutsche.“ Die Regenzeit empfindet Elena „eigentlich ziemlich erfrischend“ und das einzige Problem, was sie mit dem Wetter hat, ist die „Feuchtigkeit, weil die Sachen wirklich nie trocken werden, da musste ich mich dran gewöhnen.“ Wenn in Deutschland Hochsommer ist, spricht man in Costa Rica von der grünen Regenzeit mit teilweise extrem starken Niederschlägen im September und Oktober.
Reisende sind fasziniert von der Schönheit der Nationalparks, der Möglichkeit unmittelbarer Tierbeobachtung und der freundlichen Bevölkerung, den „Ticos“. Sie werden mit dem Landesmotto „Pura Vida“ verbunden – dem reichen, erfüllten Leben, das Gelassenheit und Lebensfreude verkörpert und auch als Grußformel dient. Die Artenvielfalt des Landes ist weltweit einmalig: Über 850 Vogelarten, 250 Säugetiere und zahllose Insekten- und Reptilienarten machen das Land zu einem Hotspot der Biodiversität.
Kerstin Sermann ist mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern unterwegs. Die Stuttgarter reisen von Unterkunft zu Unterkunft drei Wochen lang im Mietwagen quer durchs Land. Im Süden an der Karibikküste Costa Ricas erzählt Kerstin: „Heute beim Regen sind wir in den Regenwald gegangen. Das war keine gute Idee. Wir wurden klatschnass, es trieft nur so an einem runter, keiner wurde nicht mehr trocken, dennoch war der Ausflug wunderschön, denn wir kommen gerade aus dem Cahuita-Nationalpark.“ Dieser befindet sich fast an der Grenze zu Panama, am südlichen Ende der Karibikküste mit 15 Kilometern weißen Sandstränden. Kerstin schwärmt von dem, was sie alles gesehen hat: „Eine laute Brüllaffenherde, Wildschweine, ein Faultier, Kolibris, Tukane und viele wunderschöne Schmetterlinge“.
Klatschnass im Regenwald
Ihre Erwartungen mit Blick auf das mittelamerikanische Land haben sich bisher erfüllt, nur erstaunt waren sie über „die Preise – die haben Schweizer Niveau, viel höher wie in deutschen Lebensmittelläden. Im Schnitt verdienen die Menschen hier so um die 800 Euro im Monat und ich frage mich, wie sie über die Runden kommen“, kommentiert die Schwäbin, bevor sie einem ihrer Hobbys nachgehen wird: „Schnorcheln im 28 Grad warmen Karibikwasser, das manchmal sogar wärmer als die Luft ist und bei Sonne kaum Abkühlung bietet“.
Emil aus Wien ist Student und machte einen einjährigen Auslandsdienst in der Tropenstation „La Gamba“ nahe der Halbinsel Osa. „La Gamba“ im Regenwald bietet Platz für etwa 30 Menschen: nicht nur für Wissenschaftler oder Studenten, sondern auch für Touristen. Tagesbesucher zahlen 10 Dollar Eintritt und Emil erzählt, was es hier alles zu sehen gibt: „Tuberkelhokkos, größere Vögel, ein bisschen pfauartig. Die Männchen schwarz mit einem gelben Schnabel und die Weibchen braun, schwarz und weiß gestreift. Oder das Aguti Cherenga, ein kleinerer Nager, circa 40 bis 50 Zentimeter hoch; morgens sieht man sie eine Kokosnuss aufbrechen.
Kolibris, Tukane, Aras und andere Papageienarten fliegen überall herum.“ Hinter der Tropenstation fließt ein kleiner, klarer Waldbach mit Süßwasserkrabben. Auf einigen Kiesbetten der Nebenarme sonnen sich Kaimane. Emil betont: „Das ist ein extrem diverses Habitat. Man sieht Flusskrebse, Fische, Schlangen im Blätterdach, Glasfrösche, Bullfrogs, verschiedene Kröten, Geißelspinnen oder Vogelspinnen.“ Einige Forscher haben auch schon größere Tiere beobachtet, wie das Ozelot, den Jaguar, Puma, Nasenbär, Ameisenbär oder Kojoten.
Doch Costa Rica ist mehr als ein Naturparadies. In der Hauptstadt San José sollte man die vielen Möglichkeiten von Kultur und Kunst nicht auslassen. Cornelia, eine ehemalige Grundschullehrerin aus Freiburg, empfiehlt „das Goldmuseum, um zu verstehen, wie sehr der Kolonialismus die indigenen Kulturen zerstört hat“. In der Münzsammlung findet man speziell geprägtes Plantagen-Geld der United-Fruit Company, „mit dem die Arbeiter in den Läden für überteuert Geld einkaufen mussten“. Auch das Nationalmuseum, das Kindermuseum oder das Jade-Museum lohnen unbedingt einen Besuch, ebenso wie das historische Nationaltheater von 1891. Wer die Vielfalt der Landschaft, die Herzlichkeit der Menschen und die spirituellen Orte erlebt, versteht, warum die Bewohner dieses Landes trotz ökonomischer Herausforderungen zu den glücklichsten der Welt gezählt werden.
Religion tief verwurzelt
Zwischen Regenwald, Vulkanen und zwei Meeren zeigt sich Costa Rica in all seiner Vielfalt – auch in der Stille seiner vielen Gotteshäuser und im Glauben. Costa Rica ist überwiegend katholisch geprägt. Religion ist tief im Alltag und in der Kultur verwurzelt. In der Hauptstadt San José thront die Kathedrale, ein klassizistisches Gotteshaus im Herzen der Stadt. Die Kathedrale ist nicht nur spirituelles Zentrum, sondern auch ein geschichtsträchtiges Denkmal, das die Kolonialvergangenheit widerspiegelt.
Auch außerhalb der Hauptstadt gibt es eindrucksvolle religiöse Bauwerke. In Liberia, dem Tor zum Nordwesten, erhebt sich eine weiß strahlende Kirche auf dem zentralen Platz – ein spiritueller Treffpunkt für die Gemeinde. Weiter südlich, in Nicoya, zählt die blendend weiße Iglesia Sankt Blasius von 1544 zu den ältesten Kirchen des Landes. Die schlichte, aus Lehm und Kalkstein errichtete Kirche ist ein Überbleibsel der spanischen Missionierung.

Der Glaube in Costa Rica ist nicht nur Sonntagstradition, sondern eine Lebenshaltung. Religiöse Feste wie die jährliche Pilgertour „Romería“ nach Cartago, bei der seit 1635 immer am 2. August Hunderttausende zu Fuß zur Basilika ziehen, sind nicht nur spirituelle Höhepunkte, sondern auch Ausdruck eines starken sozialen Zusammenhalts. Hier befindet sich das wichtigste katholische Heiligtum des Landes: die Basilica de los Ángeles. Verehrt wird „La Negrita“, eine kleine schwarze Madonnenfigur, die als Schutzpatronin Costa Ricas gilt. Viele Gläubige legen den letzten Kilometer des Pilgerwegs auf Knien zurück.
Nicht weit entfernt liegen die Ruinen der Iglesia Santiago Apóstol, eine Kirche, die von mehreren Erdbeben zerstört wurde. Die pittoresken Überreste des Gotteshauses sind heute ein gern besuchter Ort im Stadtzentrum. In La Cruz, Orosi oder San Isidro ist die Kirche oft der Mittelpunkt des Gemeindelebens – hier wird nicht nur gebetet, sondern auch diskutiert, musiziert und geheiratet. Das Franziskanerkloster in Orosi, das zwischen 1743 und 1766 entstand, erinnert an die frühe Missionsarbeit der Mönche, die das Evangelium in entlegene Dörfer brachten. Sehenswert ist das angeschlossene Museum mit religiöser Kunst.
Neben der katholischen Mehrheitskirche existieren in Costa Rica auch evangelikale Gemeinden, Adventisten und andere Glaubensgemeinschaften. Der christliche Glaube durchdringt den Alltag der Menschen, wie etwa die vielen Wegkreuze an Landstraßen oder auch Marienstatuen in Vorgärten und Schulen belegen. Auch beim Glauben gilt in Costa Rica: Pura Vida!
Der Autor ist studierter Geisteswissenschaftler und gelernter Journalist.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.









