Gaußig – Bildung, Kultur und christlicher Glaube – sie bilden von jeher die Eckpfeiler, auf denen Schloss Gaußig einst errichtet wurde. Das Schloss liegt in der sächsischen Oberlausitz, rund fünfzehn Kilometer südlich von Bautzen. 1245 wurde an der Stelle, wo es heute steht, erstmals urkundlich ein Herrensitz erwähnt. Indes das Christentum schon mit Kaiser Karl dem Großen nach Sachsen gekommen war und tausend Jahre später auf dem Areal von Schloss Gaußig nach Plänen eines tschechischen Benediktinerbruders eine Stiftskapelle entstand, die zu Gebet und Einkehr lädt. Nach umfangreicher Sanierung wird das spätbarocke Gebäudeensemble in der Gemeinde Doberschau-Gaußig heute als Fünf-Sterne-Hotel genutzt. Und das zu erstaunlich günstigen Preisen, die in der Hauptsaison zwischen 100 und 130 Euro pro Übernachtung mit Frühstück liegen. „Weitere, jeweils aktuelle Informationen finden sich auf unserer Homepage schloss-gaussig.de“, sagt Hoteldirektor Sascha Ernstberger.
Schloss Gaußig blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Nach dem Krieg residierte dort kurzzeitig die Ost-CDU. Zu DDR-Zeiten Gästehaus für Lehrkörper, privilegierte Studenten und internationale Gäste der Technischen Universität Dresden, drohte es in den neunziger Jahren zu verfallen. 2005 verkaufte der Freistaat Sachsen das 1945 von der Roten Armee enteignete Gebäude an die Familie des Grafen Andreas von Brühl-Pohl, die in den darauffolgenden Jahren viel Geld in die Hand nahm, um das denkmalgeschützte Areal zu neuem Leben zu erwecken. Heute nutzt die Familie das Schloss als Wohnsitz, der sich auch bei internationalen Gästen wachsender Beliebtheit erfreut; vor allem für Tagungen mit gehobener sächsischer Gastronomie und edlen Weinen aus der Region Radebeul.
Vieles auf Schloss Gaußig erinnert an die Architektur des französischen Barock und des frühen Rokoko, von dem sich die Voreigentümer inspiriert haben dürften. Seine heutige Gestalt erhielt das Schloss im 17. und 18. Jahrhundert, als Grafen, hohe Militärs und Barone dort ihren Herrensitz hatten und mit absoluter Gewalt über die umliegenden Ländereien herrschten, wie sonst nur die französischen Könige am Hof von Versailles. Heute verfügt Schloss Gaußig über ein Hallenbad und Suiten, die individuell und großzügig gestaltet sind. Viele Räume sind mit Blick auf den angrenzenden Landschaftspark und die grünen Hügel der Oberlausitz. Das Interieur prägen Antiquitäten, kaminrote Tapeten und hochwertige Stoffe, die für gehobene Gemütlichkeit sorgen. „Viele unserer Zimmer verfügen über Himmelbetten im viktorianischen Stil, nebst Designerbad und W-LAN, das die Gäste im ganzen Haus nutzen können“, sagt Direktor Ernstberger. Das Erholungsgebiet Bärwalder See mit weitläufigen Stränden und Radfahrmöglichkeiten ist in einer halben Autostunde erreichbar. Ebenso die Lausitzer Seenlandschaft, die noch immer als Geheimtipp gilt.
Auch das DDR-Ministerium für Staatssicherheit hatte sich die abgeschiedene Lage der Oberlausitz zu Nutze gemacht, indem sich auf Schloss Gaußig Mitarbeiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HV-A) mit ausländischen Informanten trafen. „Vor allem mit Zuträgern aus Politik, Wirtschaft und Verteidigung, die als wichtige Quellen galten und die Abgeschiedenheit der Natur mochten“, sagt die Potsdamer Historikerin Jenny Krämer. Zumindest das Gebäude dürfte, so Krämer, davon profitiert haben, da es durch „die jahrzehntelange Nutzung vor dem Verfall bewahrt wurde“. SED-Chef Walter Ulbricht, der aus Sachsen stammte und die DDR bis 1971 mit eiserner Hand regierte, würde sich wundern, könnte er sehen, wie in der Oberlausitz durch Traditionsbewusstsein, Fleiß und Marktwirtschaft blühende Landschaften entstanden sind, in denen nur noch wenig an das dunkle Kapitel kommunistischer Gewaltherrschaft erinnert.
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