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Neues aus der Brettspielwelt

Analoge Unterhaltung fordert taktisches Denken, fördert Gemeinschaft, vermag Geschichten zu erzählen und verlangt Kooperation.
Cascadia Junior
Foto: Kosmos Verlag | Der Markt an Gesellschaftsspielen boomt. In seiner für Grundschüler vereinfachten Adaption landete „Cascadia Junior“ auf der Nominierungsliste zum „Kinderspiel des Jahres“.

Die Zeiten, da man seine Spielfigur mit Hilfe eines Würfels einfach vorwärts rücken musste, sind längst vorbei. Heutige Spiele überzeugen durch raffinierte Regeln, erlauben immersives Eintauchen in eine Story und verlangen oft kluge Absprachen. Der Markt an Gesellschaftsspielen boomt, doch nicht alle taugen für die Familie. Viele Inhalte richten sich an Halbstarke oder sind ideologisch aufgeladen, manche Illustrationen aggressiv, fratzig und schrill. Wer anspruchsvolle Spiele sucht, werteorientiert und innovativ zugleich, sollte genauer hinschauen. Einige Neuerscheinungen sind besonders empfehlenswert.

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„Cascadia Junior“ (Kosmos, ab sechs Jahren, circa 30 Minuten) ist schön und intelligent zugleich. Es steht in der Tradition des vielfach prämierten Originals „Cascadia“. In seiner für zwei bis vier Grundschüler stark vereinfachten Adaption landete es auf der Nominierungsliste zum „Kinderspiel des Jahres“. Die Spieler müssen nicht nur Gelände- und Tierplättchen auslegen, sondern auch passende Kombinationen arrangieren und Landschaften errichten. Anders als bei der Erwachsenen-Version fordert das vorliegende Spiel keine mathematische Tüftelei, vielmehr geht es um Mustererkennung und Freude am gemeinsamen Bauen. Liebevoll gestaltetes Material mit angenehmer Haptik macht die Schöpfung zu einem greifbaren Erlebnis.

Ein simpler Mechanismus

In „Ziggurat“ (Schmidt-Spiele, ab acht Jahren) erkunden zwei bis vier Personen gemeinsam einen Turm, wie frühe Hochkulturen ihn in Mesopotamien und anderen Gegenden errichteten. Der Mechanismus ist so simpel, dass man rasch loslegen kann: Wer eine Karte ablegt, bewegt zunächst eine eigene Figur und dann feindselige Geister. Ziel ist es, alle Helden auf der obersten Ebene zu vereinen, ehe ein Gegner sie erreicht. Ist die Aufgabe erfüllt, wird die Geschichte weitererzählt, denn die nächste Herausforderung wartet. Über sechs Kapitel schalten die Spieler immer neue Umschläge mit zusätzlichem Material und erweiterten Regeln frei. Das Autoren-Team Matt Leacock und Rob Daviau hat bereits andere erfolgreiche Legacy-Spiele auf den Markt gebracht, doch im Vergleich zu dem viel komplexeren „Pandemic Legacy“ oder der grandiosen Kampagne „Zug um Zug Legacy“ begeistert „Ziggurat“ nun ein junges Publikum, wie die Prämierung als „Spiele-Hit Familie 2025“ bestätigt.

„Faraway“ (Kosmos, ab zehn Jahren, circa 25 Minuten) ist ein kurzes, aber durchaus anspruchsvolles Kartenspiel, welches zwei bis sechs Personen aufgrund eines ungewöhnlichen Wertungsverfahrens vom Ende her planen müssen. Der Anreiz, immer neue Taktiken auszuprobieren, fordert wieder und wieder eine Revanche. Zurecht wurde „Faraway“ zum „Kennerspiel des Jahres 2025“ nominiert, wenngleich die eigenwilligen, teils dunklen Illustrationen eine entrückte Stimmung evozieren, die irritieren kann.

Von der „Adventure Games“-Reihe sind 2025 zehn Spiel-Boxen auf den Markt gekommen. Sie enthalten postkartengroße Illustrationen von verschiedenen Schauplätzen sowie Karten mit Gegenständen, welche man untersuchen, kombinieren und anwenden kann. In einer besonderen Mischung aus interaktivem Abenteuer und kooperativem Storytelling begeben sich ein bis vier Spieler über mehrere Kapitel hinweg auf eine Expedition, erkunden unheimliche Orte, treffen Entscheidungen und lösen Rätsel. Das spannendste und abwechslungsreichste „Adventure Game“ ist die „Expedition Azcana“ (Kosmos, ab zehn Jahren, 3 x 120 Minuten), die in einem Flugzeug mit einem ohnmächtigen Piloten beginnt, ihren Fortgang durch Dschungel, Stromschnellen, eine Stadt und deren unterirdische Anlagen nimmt und schließlich auf einem ganz unerwarteten Terrain mit einem fulminanten Showdown überrascht. Ein Geheimtipp für Abenteurer im Brettspielformat.

Sanfter Einstieg und moderater Schwierigkeitsgrad

Freunden des phantastischen Sujets sei „Das ferne Land“ aus der Reihe „Die Legenden von Andor“ empfohlen (Kosmos, ab zwölf Jahren, 7 x 90 Minuten). Auf einem doppelseitigen Plan erforschen zwei bis vier Spieler Gebiete, erfüllen Missionen, sammeln Ausrüstungsgegenstände, bekämpfen Gegner. Da jeder Held über eigene Fähigkeiten verfügt, gilt es, gemeinsam zu agieren, das Vorgehen gut abzustimmen und Aufgaben klug zu verteilen. Im Vergleich zu früheren Andor-Teilen erlaubt „Das ferne Land“ einen sanften Einstieg und bleibt im Schwierigkeitsgrad moderat, wobei erfahrene Spieler zusätzliche Herausforderungen meistern können.

Die Gegner sind optisch als Bösewichter zu erkennen, ohne übertrieben abscheulich zu sein. Zauberei kommt vor, spielt aber keine tragende Rolle. Die Illustrationen von Michael Menzel rücken das Heldenhafte in den Vordergrund. Ältere Jugendliche können in „Medical Mysteries – New York Emergency Room“ (Kosmos, ab 16 Jahren, 5 x 70 Minuten) als Ärzte in einer Notaufnahme agieren. Eine Nacht lang müssen sie Symptome, Krankengeschichte und Testergebnisse kombinieren, um eine korrekte Diagnose zu stellen und einen passenden Behandlungsplan zu wählen. Da jede Aktion Zeit verbraucht, müssen in der richtigen Reihenfolge die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden.

Im Gegensatz zu klassischen Deduktionsspielen, bei denen man beispielsweise in die Rolle eines Detektivs schlüpft, gilt es nicht Verbrechen aufzuklären, sondern Leben zu retten. Medizinisches Grundwissen ist dabei ebenso wichtig wie ethisch-moralische Abwägungen. Nach einem geführten Tutorial spielt man fünf Fälle von steigender Komplexität. Die atmosphärisch dichte Simulation landete auf der Empfehlungsliste zum „Kennerspiel des Jahres 2025“. Mittlerweile wurden weitere Folgen der Serie herausgegeben.

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Die Publikationen verdeutlichen, wie vielfältig das moderne Brettspiel sein kann. Eine echte Alternative zum digitalen Daddeln. Vom naturnahen Kinderspiel über Legacy-Abenteuer und ein Spiel mit medizinischer Verantwortung werden Gemeinschaft initiiert, Zusammenarbeit gefördert und vorausschauendes Denken verlangt. Gemeinsame Entscheidungen und geteilte Freude liefern Gesprächsstoff über den Spieleabend hinaus.


Der Autor arbeitet in der Bildung, war jahrelang Schulleiter und ist Vater von sieben Kindern.

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